{"id":709,"date":"2024-01-04T11:41:57","date_gmt":"2024-01-04T11:41:57","guid":{"rendered":"https:\/\/weltgeschichte.de\/?p=709"},"modified":"2024-05-31T09:08:04","modified_gmt":"2024-05-31T09:08:04","slug":"die-idee-und-der-nachweis-schwarzer-loecher-sagittarius-a","status":"publish","type":"post","link":"https:\/\/weltgeschichte.de\/die-idee-und-der-nachweis-schwarzer-loecher-sagittarius-a\/","title":{"rendered":"Die Idee und der Nachweis Schwarzer L\u00f6cher: Sagittarius A*"},"content":{"rendered":"\n
Die faszinierende Entdeckung und Erforschung der Schwarzen L\u00f6cher, die bis in die Anf\u00e4nge des 20. Jahrhunderts zur\u00fcckreicht, bildet einen Meilenstein in der Astronomie und Astrophysik. <\/p>\n\n\n\n
Dieser Artikel wirft einen Blick auf die Geschichte dieser Entdeckungen, insbesondere auf die Arbeit von Karl Schwarzschild und die j\u00fcngsten Durchbr\u00fcche im Verst\u00e4ndnis des Schwarzen Lochs Sagittarius A* im Herzen unserer Milchstra\u00dfe.<\/p>\n\n\n\n
Bereits 1916 konzeptionierte Karl Schwarzschild<\/strong><\/a> die Idee der schwarzen L\u00f6cher<\/strong> im Rahmen seiner seiner Ver\u00f6ffentlichung \u201e\u00dcber das Gravitationsfeld eines Massenpunktes nach der Einsteinschen Theorie\u201c. <\/p>\n\n\n\n Die Arbeit, welche nur wenige Wochen nach der Ver\u00f6ffentlichung von Albert Einsteins Allgemeiner Relativit\u00e4tstheorie erschien, stellte eine bahnbrechende L\u00f6sung der Einsteinschen Feldgleichungen dar.<\/p>\n\n\n\n Schwarzschild, der seinerzeit als Astrophysiker am Observatorium in Potsdam wirkte, leistete mit dieser Forschung einen entscheidenden Beitrag zur Astrophysik. <\/p>\n\n\n\n Seine L\u00f6sungen erm\u00f6glichten ein tieferes Verst\u00e4ndnis der gravitativen Effekte, die extrem dichte Massen, wie sie in Schwarzen L\u00f6chern vorliegen, auf die Raumzeit aus\u00fcben.<\/p>\n\n\n Karl Schwarzschild erkannte das Ph\u00e4nomen, dass unter extremen Gravitationskr\u00e4ften selbst Licht nicht entkommen kann<\/strong>, ein Konzept, das sp\u00e4ter als \u201eSchwarzes Loch\u201c<\/strong> bezeichnet wurde. In seinem bahnbrechenden Artikel \u201e\u00dcber das Gravitationsfeld einer Kugel aus inkompressibler Fl\u00fcssigkeit nach der Einsteinschen Theorie\u201c<\/em> berechnete er die Bedingungen, unter denen ein massives Objekt zu einem solchen Kollaps neigt.<\/p>\n\n\n\n Die kritische Grenze, ab der ein Objekt zu einem Schwarzen Loch wird, ist heute als Schwarzschild-Radius<\/strong> bekannt. W\u00fcrde die Erde auf etwa 9 Millimeter<\/strong> \u2013 ungef\u00e4hr die Gr\u00f6\u00dfe einer Kirsche \u2013 komprimiert, erreichte sie diesen Radius. Dies verdeutlicht die extreme Dichte, die ein Schwarzes Loch charakterisiert.<\/p>\n\n\n Interessanterweise f\u00fchrte Schwarzschild seine revolution\u00e4ren Berechnungen w\u00e4hrend seines Milit\u00e4rdienstes im Ersten Weltkrieg aus. Trotz der Herausforderungen und einer schweren Erkrankung, die er sich w\u00e4hrend seines Einsatzes zuzog, trug seine Arbeit wesentlich zum Verst\u00e4ndnis von Schwarzen L\u00f6chern bei. <\/p>\n\n\n\n Karl Schwarzschild verstarb im Mai 1916, nur kurze Zeit nach der Ver\u00f6ffentlichung seiner Erkenntnisse, an den Folgen dieser Krankheit.<\/p>\n\n\n\n Schwarzschild hatte errechnet:<\/p>\n\n\n\n Der Schwarzschild-Radius<\/strong>, ist der durch rs<\/sub>=2GM\/c2<\/sup><\/em> definierte Gravitationsradius<\/em> einer kugelsymmetrischen Masse M<\/em>. Ein Schwarzes Loch<\/a> ist dadurch charakterisiert, dass der Radius R <\/em>der Massenverteilung den Schwarzschild-Radius unterschreitet, d.h. R<\/em> ist kleiner als rs<\/sub><\/em>.<\/p>\n\n\n\n Bei schwarzen L\u00f6chern entspricht der Schwarzschild-Radius rs <\/sub><\/em>dem Radius des \u201eEreignishorizonts<\/a>\u201c eines Schwarzen Lochs<\/strong>. W\u00fcrde man die Sonne auf die Masse M=M<\/em><\/strong> komprimieren, erg\u00e4be sich ein Schwarzschild-Radius von etwa 3 km<\/strong>. Diese Gr\u00f6\u00dfe l\u00e4sst sich auch durch eine Analogie zur klassischen Newtonschen Gravitationstheorie<\/a> herleiten.<\/p>\n\n\n\n Schwarze L\u00f6cher sind im Wesentlichen Regionen im All, deren Gravitationskraft so \u00fcberw\u00e4ltigend ist, dass nichts \u2013 nicht einmal Licht \u2013 entkommen kann. Daher erscheinen sie optisch schwarz und sind visuell nicht nachweisbar.<\/p>\n\n\n\n Diese astronomischen Ph\u00e4nomene sind nicht nur durch ihre extremen Massen bei geringen Volumina charakterisiert, sondern auch durch ihre signifikante Wirkung auf die umgebende Materie. <\/p>\n\n\n\n Sie verzerren die Struktur der Raumzeit und f\u00fchren dazu, dass nahe Materie stark erhitzt wird, was zu spektakul\u00e4ren astronomischen Beobachtungen f\u00fchrt.<\/p>\n\n\n\n Seit mehr als 50 Jahren bestand die Hypothese, dass alle Galaxien in ihren Zentren ein gigantisches massereiches Schwarzes Loch beherbergen. Messungen mit immer besserer Empfindlichkeit und Aufl\u00f6sung haben es erlaubt, diese Hypothese im Zentrum unserer Milchstra\u00dfe experimentell zu best\u00e4tigen.<\/strong><\/p>\n\n\n\n In einem Experiment wurden die 48m-Teleskope der Europ\u00e4ischen S\u00fcdsternwarte ESO in Chile zu einem \u201eSuperteleskop\u201c optisch zusammengeschaltet, um damit die G\u00fcltigkeit der Allgemeinen Relativit\u00e4tstheorie an diesem Schwarzen Loch im Galaktischen Zentrum zu testen.<\/p>\n\n\n\n Dabei war es der deutsche Astrophysiker Reinhard Genzel<\/strong> (*24.03.1952), Direktor am Max-Planck-Institut f\u00fcr extraterrestrische Physik in Garching bei M\u00fcnchen und Honorarprofessor an der Ludwig-Maximilians-Universit\u00e4t M\u00fcnchen, der ma\u00dfgeblich an der Entwicklung der Infrarot- und Submillimeter-Astronomie beteiligt war.<\/p>\n\n\n\n So gelang ihm mit seinem Team zun\u00e4chst am La-Silla-Observatorium (ab 1992) und dann am Very Large Telescope \u00fcber langj\u00e4hrige Beobachtungen der Bahnen von Sternen nahe dem Zentrum der Milchstra\u00dfe der Nachweis, dass sich im Zentrum unserer Heimatgalaxie, der Milchstra\u00dfe, das supermassereiche Schwarze Loch \u201eSagittarius A*\u201c von etwa 4,3 Mio. Sonnenmassen<\/strong> befindet.<\/p>\n\n\n\n Unabh\u00e4ngig von Reinhard Genzel gelang auch der US-amerikanischen Astronomin Andrea Ghez<\/strong> am Keck-Observatorium dieser Nachweis. F\u00fcr ihre Erkenntnisse zum \u201edunkelsten Geheimnis unserer Milchstra\u00dfe\u201c erhielt Reinhard Genzel gemeinsam mit Andrea Ghez eine H\u00e4lfte des Nobelpreises f\u00fcr Physik 2020.<\/p>\n\n\n\n Die andere H\u00e4lfte ging an den britischen Mathematiker und Physiker Roger Penrose<\/strong>, der die Existenz Schwarzer L\u00f6cher mathematisch bewiesen hatte.<\/p>\n\n\n\n Bei seiner nobelpreisw\u00fcrdigen Arbeit war er ohne High-Tech ausgekommen und hatte stattdessen geniale mathematische Methoden erfunden, um Albert Einsteins allgemeine Relativit\u00e4tstheorie zu erforschen.<\/p>\n\n\n\n 1965, zehn Jahre nach dem Tod von Albert Einstein, hat er mithilfe seiner neuen mathematischen Konzepte gezeigt, dass aus Einsteins Allgemeiner Relativit\u00e4tstheorie unmittelbar folgt, dass Schwarze L\u00f6cher im Universum entstehen m\u00fcssen, und dass die Bildung von Schwarzen L\u00f6chern eine robuste Vorhersage der Allgemeinen Relativit\u00e4tstheorie ist.<\/p>\n\n\n\n Er hat gezeigt, dass diese Theorie zur Bildung von Schwarzen L\u00f6chern f\u00fchrt, jenen Monstern in Zeit und Raum, die alles erfassen, was ihnen nahekommt. Die Existenz dieser Schwerkraftmonster, in denen Raum und Zeit zusammenbrechen, hatte selbst Einstein nicht f\u00fcr m\u00f6glich gehalten.<\/p>\n\n\n\n Ob die Dunkle Materie tats\u00e4chlich aus schwarzen L\u00f6chern besteht<\/strong>, wird sich wahrscheinlich mithilfe der noch jungen Disziplin der Gravitationswellenforschung<\/strong> kl\u00e4ren lassen.<\/p>\n\n\n\n Jetzt, wo es keine Zweifel mehr gibt, dass sich Gravitationswellen mit irdischen Detektoren nachweisen lassen, kann man Schwarze L\u00f6cher und deren Fusionen direkt erforschen. In einigen Jahren wird man dann voraussichtlich wissen, wie h\u00e4ufig solche kosmischen Ereignisse sind und wie hoch demnach die Dichte von schwarzen L\u00f6chern im Universum ist.<\/p>\n\n\n\n Die Gravitation eines Schwarzen Lochs ist derart stark, dass selbst Licht nicht mehr entweichen kann \u2013 dadurch lassen sich diese Objekte niemals direkt beobachten. Durch indirekte Methoden ist ihre Existenz allerdings zweifelsfrei belegt. Durch ihre starke Gravitation kr\u00fcmmen Schwarze L\u00f6cher den Raum um sich herum. Daher verlaufen Lichtstrahlen in ihrer Umgebung nicht mehr geradlinig, sondern werden gebogen.<\/p>\n\n\n\n Die Allgemeine Relativit\u00e4tstheorie von Albert Einstein hatte solche Raumkr\u00fcmmungen vorhergesagt und Astronomen konnten diese inzwischen vielfach durch Himmelsbeobachtungen best\u00e4tigen. Je gr\u00f6\u00dfer die Anziehungskraft eines Objekts, desto gr\u00f6\u00dfer auch der Ablenkeffekt \u2013 bis die Lichtstrahlen bei einem Schwarzen Loch auf eine Kreisbahn gezwungen werden und dieses nicht mehr verlassen k\u00f6nnen.<\/p>\n\n\n\n Die gesamte Masse eines Schwarzen Lochs konzentriert sich in einem einzigen Punkt mit unendlich hoher Dichte und unendlich starkem Gravitationsfeld, einer sog. Singularit\u00e4t.<\/p>\n\n\n\n Dennoch l\u00e4sst sich diesen Objekten eine Gr\u00f6\u00dfe zuordnen, daf\u00fcr verwenden Astronomen den Ereignishorizont<\/strong>. Ein Ereignishorizont ist in der allgemeinen Relativit\u00e4tstheorie eine Grenzfl\u00e4che in der Raumzeit, f\u00fcr die gilt, dass Ereignisse jenseits dieser Grenzfl\u00e4che prinzipiell nicht sichtbar f\u00fcr Beobachter sind, die sich diesseits der Grenzfl\u00e4che befinden.<\/p>\n\n\n\n Jenseits dieser Grenze kann weder Licht noch Materie dem Schwarzen Loch entkommen.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Mit \u201eEreignissen\u201c sind Punkte in der Raumzeit gemeint, die durch Ort und Zeit festgelegt sind. Der Ereignishorizont bildet eine Grenze f\u00fcr Informationen und kausale Zusammenh\u00e4nge, die sich aus der Struktur der Raumzeit und den Gesetzen der Physik, insbesondere in Bezug auf die Lichtgeschwindigkeit, ergeben. Bei statischen Schwarzen L\u00f6chern ist der Ereignishorizont eine Kugeloberfl\u00e4che, deren Radius Schwarzschild-Radius genannt wird.<\/p>\n\n\n\n Dunkle Materie und Schwarze L\u00f6cher k\u00f6nnen keine normale Materie sein, die wir nur nicht sehen, weil sie nicht leuchtet.<\/strong><\/p>\n\n\n\n Die Dunkle Materie ist uralt und \u00fcberall im Kosmos vorhanden \u2013 auch in unserem Sonnensystem. Zwar gibt es im All Billionen dunkler Objekte \u2013 Schwarze L\u00f6cher, Zwergsterne, kalte Gaswolken \u2013 aber ihre Masse reicht bei Weitem nicht f\u00fcr die beobachteten Effekte aus.<\/p>\n\n\n\n Innerhalb eines schwarzen Loches brechen unsere \u00fcblichen Vorstellungen von Raum und Zeit zusammen. Wie bereits beschrieben, gelangte Albert Einstein<\/strong> (*14.03.1879; \u202018.04.1955) aber im Rahmen seiner \u201eAllgemeinen Relativit\u00e4tstheorie\u201c<\/strong> zu dem Ergebnis, dass sich Zeit in Raum und Raum in Zeit<\/strong> verwandelt.<\/p>\n\n\n\n Der am 14.03.2018 verstorbene Stephen Hawking<\/strong> hat 1974 dargestellt, dass Schwarze L\u00f6cher in der Quantenfeldtheorie im Laufe der Zeit (je nach der Masse des schwarzen Lochs mehr oder weniger schnell) Materie nach au\u00dfen abgeben k\u00f6nnen, langsam verdampfen und sich am Ende vollst\u00e4ndig aufl\u00f6sen bzw. zerstrahlen.<\/p>\n\n\n\n Der Teilchenstrom, der von Schwarzen L\u00f6chern ins Universum abgegeben wird, wird ihm zu Ehren \u201eHawking-Strahlung<\/strong>\u201c genannt. Ob Hawking mit seinen Theorien zur Entstehung Schwarzer L\u00f6cher<\/strong> recht hatte, wird sich wohl eines Tages mithilfe von k\u00fcnftigen Gravitationswellendetektoren \u00fcberpr\u00fcfen lassen.<\/p>\n\n\n\n Zudem werden im All stationierte Detektoren in der Lage sein, das Echo des Urknalls zu vermessen, woraus sich die Natur der kosmischen Inflation wird ableiten lassen.<\/p>\n\n\n\n Stephen Hawking w\u00e4re wohl auch als Kandidat f\u00fcr den Physik-Nobelpreis 2020 in Betracht gekommen. Schlie\u00dflich hat auch er wichtige theoretische Beitr\u00e4ge zur Theorie von Schwarzen L\u00f6chern geleistet. Demnach sollen Schwarze L\u00f6cher langfristig auch wieder \u201everdampfen\u201c und dabei die nach ihm benannte Hawking-Strahlung aussenden.<\/p>\n\n\n\n Die Vorhersagen von Roger Penrose waren aber wohl deutlich fundamentaler als die von Hawking, zumal sich Hawkings Aussagen nicht experimentell \u00fcberpr\u00fcfen lassen.<\/p>\n\n\n\n Die Erforschung Schwarzer L\u00f6cher bleibt ein spannendes und dynamisches Feld in der Astronomie. <\/p>\n\n\n\n Mit fortschreitender Technologie und tieferem Verst\u00e4ndnis erwarten uns in Zukunft sicherlich noch weitere aufschlussreiche Entdeckungen.<\/p>\n","protected":false},"excerpt":{"rendered":" Die faszinierende Entdeckung und Erforschung der Schwarzen L\u00f6cher, die bis in die Anf\u00e4nge des 20. Jahrhunderts zur\u00fcckreicht, bildet einen Meilenstein in der Astronomie und Astrophysik. 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Quelle: AIP<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\nDer Schwarzschild-Radius und der Ereignishorizont<\/h3>\n\n\n\n
Aufgenommen von Meteosat-9 (EumetsatI)<\/figcaption><\/figure><\/div>\n\n\nDie Entdeckung von Sagittarius A*<\/h2>\n\n\n\n
Roger Penrose: Mathematische Fundierung<\/h2>\n\n\n\n
Dunkle Materie und Gravitationswellen<\/h2>\n\n\n\n
Stephen Hawking und die Hawking-Strahlung<\/h2>\n\n\n\n
Schlussgedanken<\/h2>\n\n\n\n