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Kosmische Ursprünge und das Frühe Universum

Das Ende des Universums im Nichts

Prof. Dr. Gerhard Picot
4. Dezember 2023

Das Ende des Universums im Nichts“ – oder auch in einem „Weißen Loch“ oder einem „Wurmloch“ – wird ein ähnlich großes Weltwunder wie der „Urknall“ sein.

So, wie unser Leben endet, so wird dereinst auch das Universum sein Ende finden. Die Vorstellung vom Jüngsten Tag reist als apokalyptisches Weltuntergangsinferno in den Köpfen durch die Geschichte und verbreitet Angst und Schrecken.

Die Naturwissenschaften beschäftigt daher die Frage nach dem Ende des Universums. Während die Theorien über das Ende des Universums hoch spekulative Anteile aufweisen, steht die Prognose über die Zukunft des Sonnensystems auf verlässlicherem Boden.

Die Einsicht in den Alterungsprozess von Sternen berechtigt mit Gründen zu der Annahme, dass die Sonne nach Verbrauch ihres Wasserstoff Karls in 5 Milliarden Jahren zu einem roten Riesen anschwellen wird. Das ist das Ende aller Lebensformen auf der Erde.

Je nach hypothetisch vorausgesetzter Materie- und Energiekonstellation ergeben sich in der Astrophysik unterschiedliche Szenarien für das Ende des Universums, die wir in diesem Artikel genauer betrachten.

Das Wichtigste in Kürze

Das Ende des Universums könnte auf verschiedene Weisen eintreten, abhängig von der Menge der Dunklen Materie und der Dynamik der Dunklen Energie. Die Haupttheorien umfassen:

  • Der Big Crunch: Ein mögliches Kollabieren des Universums in sich selbst, möglicherweise gefolgt von einem neuen Urknall.
  • Das Big Rip-Modell: Eine exponentiell zunehmende Ausdehnung des Universums, die zu dessen endgültigem Zerreißen führt.
  • Der Big Chill: Ein langsamer Wärmeverlust des Universums bis hin zum absoluten Nullpunkt.

Die Zukunft des Universums bleibt ein faszinierendes, aber ungewisses Gebiet der Astrophysik, mit verschiedenen möglichen Szenarien, die von aktuellen Beobachtungen und theoretischen Modellen abhängen.

Die Theorie des Big Crunch

Der Big Crunch beschreibt ein mögliches Ende des Universums durch einen umgekehrten Prozess des Urknalls. Nach Erreichen seiner maximalen Expansion könnte das Universum beginnen, sich infolge gravitativer Kräfte zusammenzuziehen. Diese Kontraktion würde sich fortsetzen, bis alle Materie und Energie wieder in einem singulären Zustand konzentriert sind, vergleichbar mit dem Zustand vor dem Urknall.

Manche nehmen an, dass aus diesem „Big Crunch“ erneut ein „Big Bang“, d.h. ein „Urknall“ entstehen kann. Die Analogie zu zyklischen Weltbildern liegt dann auf der Hand.

Big Crunch
Quelle: Wikipedia

Das Big Rip-Modell

Im Szenario des Big Rip (auch „Das große Zerreißen“ oder  „Endknall“ genannt) beschleunigt sich das Wachstum des Universums durch eine zunehmende Phantom-Energiedichte so stark, dass es zu einem exponentiellen Anstieg der Expansionsgeschwindigkeit kommt. 

Diese Dynamik führt letztendlich zum Zerreißen jeglicher Materie. In diesem Prozess würden zunächst die größten kosmischen Strukturen wie Galaxienhaufen und Galaxien auseinandergerissen, gefolgt von Sternensystemen und schließlich planetaren Körpern bis hin zu den Atomen selbst.

Die Phantomenergie, eine spekulative Form der dunklen Energie, verursacht diese katastrophale Ausdehnung, deren Endpunkt in einem singulären Ereignis, dem „Big Rip“, gipfelt.

Der Big Chill: Ein Kältetod des Universums

Das dritte Modell, der Big Chill („Die große Kühle“) nimmt hingegen einen Kältetod des Universums an. Neueste Untersuchungen legen nahe, dass das Universum sich kontinuierlich ausdehnen und dabei immer kühler werden könnte. 

Mit fortschreitender Expansion sinkt die Temperatur des Universums schrittweise und nähert sich asymptotisch dem absoluten Nullpunkt an. Dieser Zustand impliziert, dass die thermische Energie der Teilchen minimal wird und fundamentale physikalische Prozesse sich verlangsamen.

Einfluss der Dunklen Materie und Energie

Die Zukunft des Universums könnte durch verschiedene kosmologische Modelle erklärt werden, abhängig von der Menge und Dichte der Dunklen Materie und Energie. Aktuelle Daten legen eine fortwährende Expansion nahe, da keine signifikante Annäherung an die kritische Dichte festgestellt wurde, welche für ein Zusammenziehen des Universums nötig wäre. 

Präzisere Messungen sind jedoch erforderlich, um die Möglichkeit eines Universum-Kollapses, wie ihn die Big-Crunch-Theorie vorhersagt, definitiv auszuschließen. Würde die Dunkle Energie konstant bleiben, könnte sich das Universum weiterhin ausdehnen, allerdings mit abnehmender Geschwindigkeit.

Neuere Untersuchungen, insbesondere die Analyse von Supernovae aus dem Jahr 2008, deuten darauf hin, dass die Dunkle Energie, welche die Expansion antreibt, über die letzten zwei Milliarden Jahre abgenommen haben könnte. 

Falls genug Materie vorhanden ist und die Dunkle Energie weiter abnimmt, könnte die Gravitation in einigen Billionen Jahren die Oberhand gewinnen. Dies würde schließlich zu einer Umkehr der Expansion führen, die sich zu einer beschleunigten Kontraktion entwickelt. Diese Phase der Kontraktion würde die Temperaturen im Universum ansteigen lassen.

Kurz vor einem hypothetischen Big Crunch, etwa 100.000 Jahre vorher, könnte die kosmische Hintergrundstrahlung heißer als die Oberflächen heutiger Sterne werden. In den letzten Minuten vor dem Kollaps könnte intensive Strahlung die Atomkerne zerstören, die schließlich in gewaltigen Schwarzen Löchern enden. 

Sekunden vor dem finalen Zusammenbruch könnten supermassive Schwarze Löcher fusionieren. Am Ende würde ein gigantisches Schwarzes Loch, ein „Schwarzes Megaloch“, alle Materie verschlingen. 

Ein solches Szenario könnte theoretisch in einen neuen Big Bang (Urknall) münden und ein neues Universum initiieren.

Das Modell des oszillierenden Universums und der Big Bounce

Das Konzept des Big Bounce, entlehnt aus dem Modell des oszillierenden Universums, bietet eine alternative Sichtweise zur herkömmlichen Urknall-Theorie. Dieses Modell postuliert, dass der Urknall aus dem Kollaps eines früheren Universums resultierte, ein Prozess, der als Big Crunch bekannt ist. 

Es widerspricht der traditionellen Vorstellung, dass das Universum bei seinem Ursprung eine unendliche Dichte aufwies, was sowohl mit dem Unbestimmtheitsprinzip der Quantenmechanik als auch mit der Relativitätstheorie in Konflikt steht, die auf extrem kleinen, der Planckskala nahen, Skalen versagt.

Die Big-Bounce-Theorie setzt auf eine Quantisierung der Raumzeit, wodurch unendliche Singularitäten umgangen und alle physikalischen Größen auf endliche Werte begrenzt werden. Sie skizziert ein Szenario, in dem das aktuelle Universum, sollte es durch einen Big Crunch kollabieren, einem neuen Universum Platz macht. 

Dieser zyklische Prozess beginnt mit einem Universum, das ursprünglich unendlich ausgedehnt und materiefrei war. Während der Kontraktion führt eine spontane Symmetriebrechung zur Entstehung von Masse, was den Grundstein für ein neues Universum legt.

Modell der Entstehung unseres Universums (Y) durch Rückprall nach dem Zusammenfallen eines anderen Universums (X)
Quelle: Wikipedia

Das Universum wird sich mit immer größerer Geschwindigkeit ausdehnen. Auf diese Weise wird sich der Raum zwischen den Galaxien irgendwann schneller als das Licht vergrößern, sodass keinerlei Informationen mehr von einer Galaxie zur anderen gelangen können und irgendwann auch der Sternenhimmel finster wird. Alles wird dann in einem großen dunklen Nichts voneinander abgeschnitten sein.

Auch innerhalb der Galaxien wird das Auseinanderstreben dominieren. Dann wird sich alles auflösen und nichts mehr wird bleiben: Für alle Ewigkeit wird die Zeit der Dunklen Energie die Oberhand haben.

Zu einem ähnlichen Ergebnis gelangen auch die sog. Stringtheorie-Forscher. Diese erwägen, dass die Gravitation die gesamte Materie im Universum zusammenziehen könnte und die Ausdehnung des Universums wieder zum Stillstand kommen könnte, um sich schließlich wieder in einem Punkt zu vereinen.

Ausblick: Die Zukunft des Universums

Unabhängig vom letztendlichen Schicksal des Universums, die in die erläuterten Theorien stimmen darin überein, dass das Universum sich kontinuierlich und mit zunehmender Geschwindigkeit ausdehnen wird.

Diese Ausdehnung könnte schließlich dazu führen, dass Galaxien so weit voneinander entfernt sind, dass keine Informationen mehr zwischen ihnen übertragen werden können.

Dies würde das Universum in ein großes, dunkles Nichts verwandeln, in dem die Dunkle Energie vorherrscht.

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