Frühzeit und Phasen des Universums: 400 Mio. – 1 Mrd. Jahre
Die Erforschung des Universums gleicht einer faszinierenden Zeitreise, die uns in die Tiefen des Raums und weit zurück in die Vergangenheit führt.
In diesem Artikel tauchen wir in die Frühzeit des Universums ein: Die Zeit von etwa 400 Millionen bis 1 Milliarde Jahre nach dem Urknall ist eine Schlüsselperiode in der kosmischen Geschichte. Diese Phase, die vor rund 12,8 Milliarden Jahren begann, war geprägt von bedeutenden Veränderungen und Entwicklungen, die das heutige Universum formten.
Das Wichtigste in Kürze
- Ära der Reionisierung: Ein kritischer Zeitraum in der kosmischen Geschichte, beginnend etwa 400 Millionen bis 1 Milliarde Jahre nach dem Urknall, in dem das Universum ionisiert wurde und für sichtbares Licht durchlässig wurde. Die Energie für diese Phase kam wahrscheinlich von den allerersten Sternen und Galaxien.
- Abkühlung und Sternenbildung: Das Universum kühlte sich etwa 400 Millionen Jahre nach dem Urknall auf etwa minus 250 °C ab. Diese Abkühlung führte zum Kollaps von Wasserstoff- und Heliumwolken und zur Bildung der ersten Sterne, Sternhaufen und schließlich Galaxien.
- Die ersten Galaxien: Ungefähr 650 Millionen Jahre nach dem Urknall begannen die ersten Galaxien zu entstehen. Beobachtungen von Astronomen wie Rachel Livermore, Steven Finkelstein und Jennifer Lotz haben Galaxien aus dieser uralten Ära enthüllt und geben uns Einblicke in das frühe Universum.
- Zukünftige Missionen und Teleskope: Das James-Webb-Weltraumteleskop, das 2021 Hubble ablösen soll, zielt darauf ab, noch tiefere Einblicke in das Universum zu bieten, einschließlich der kosmischen Epochen und der Entstehung der frühesten Himmelskörper.
Die Ära der Reionisierung
Nach der Zeit des „Urknalls“ und dem „Dunklen Zeitalter“, d.h. der Sekunde 0 bis etwa 400.000 Jahre nach dem Urknall, begann in der Zeit bis etwa 1 Mrd. Jahre nach dem Urknall, also bis vor etwa 12,8 Mrd. Jahren, die Frühzeit des Universums mit ihren unterschiedlichen Phasen.
Eine von diesen ist in der Urknallkosmologie die Reionisierungsepoche, in der sich die Materie des Universums wieder ionisierte (reionisierte), bevor das Universum für sichtbares Licht transparent wurde.
Während dieser Epoche bildeten sich astronomische Körper, deren Strahlungsintensität ausreichte, um die umgebenden Wasserstoffnebel zu ionisieren. Die zentrale Frage dieser Forschung betrifft die Quelle der immensen Energiemengen, die diese kritische Phase charakterisierten.
Aktuelle Studien, unterstützt durch Erkenntnisse amerikanischer Astronomen, deuten darauf hin, dass die ersten Sterne und Galaxien im Universum als Hauptenergielieferanten dienten. Dieser Abschnitt repräsentiert den zweiten großen Übergang des Wasserstoffgases im kosmischen Kontext.
In diesem Sinne ist das Universum heute ionisiert und bei geringer Dichte relativ lichtdurchlässig.
Abkühlung und Sternentstehung
400 Mio. Jahre nach dem Urknall hatte sich das Universum durch seine ständige Expansion so weit abgekühlt, dass es minus 250 °C kalt war. Die Temperatur zu diesem Zeitpunkt entsprach der Planck-Temperatur, d.h. etwa 1.032 Kelvin.
In der kalten Umgebung des frühen Universums sank der Druck in den weit verbreiteten Wasserstoff- und Heliumnebeln so stark ab, dass sie kollabierten. Dieser Prozess führte zur Entstehung der ersten Sterne und, in einer Weiterentwicklung, der ersten Kugelsternhaufen. Aus diesen stellaren Ansammlungen gingen letztlich die ersten Galaxien hervor.
Dank komplizierter Mathematik, aufwendiger Simulationen und anhand der Aufnahmen hochauflösender Apparate, wie des Hubble-Teleskops, ist es Forschern gelungen, den Ursprung der Sternenarchipel zu entschlüsseln.
Stück für Stück konnten sie auf diese Weise die Entwicklung der Galaxien rekonstruieren und fanden heraus, dass ihre Geschichte in mehreren, teils turbulenten Etappen verlaufen ist: Zunächst verlor das Licht zunehmend an Energie und Leuchtkraft, sodass bald eine Finsternis und frostige Kälte einkehrten.
Millionen Jahre nach dem Urknall begannen sich die diffusen Gasnebel im All zu verdichten, formten sich in dichtere, massenreichere Strukturen als unsere Sonne. Diese frühen Sterne erreichten aufgrund ihrer Masse extrem hohe Temperaturen und Drücke, was schließlich zur Bildung der ersten Sonnen führte. Dabei entstanden durch Kernfusion auch schwerere Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Eisen. Aufgrund ihrer gewaltigen Masse lebten diese Sterne nur zwischen 3 und 10 Millionen Jahren, bevor sie in einer Supernova endeten.
Diese gewaltigen Explosionen förderten durch Neutroneneinfang die Entstehung noch schwererer Elemente wie Uran, die in den Weltraum geschleudert wurden. Die verstreuten Überreste dieser Sterne führten zur Bildung neuer Sternengenerationen. Zudem komprimierten die Druckwellen der Explosionen benachbarte Gasnebel, die daraufhin beschleunigt neue Sterne formten.
Die mit schwereren Elementen angereicherten Nebel kühlten schneller ab, was zur Entstehung zahlreicher kleinerer, langlebiger Sterne mit geringerer Leuchtkraft führte. Diese Sterne gruppierten sich später zu kleinen, irregulär geformten Galaxien.
Die ersten Galaxien
Rund 650 Mio. Jahre nach dem Urknall, d.h. vor mehr als 13 Mrd. Jahren formten sich die ersten Galaxien und begannen zu leuchten.
Rachel Livermore, Steven Finkelstein von der University of Texas und Jennifer Lotz vom Space Telescope Science Institute in Baltimore gelang es im Februar 2017, Einblicke in die Anfangsphasen des Universums zu gewinnen. Sie beobachteten Regionen, in denen sich Gaswolken verdichteten, zu Sternen entflammten und die ersten Galaxien formierten.
Die Forschenden identifizierten extrem entfernte Galaxien, die etwa 650 Millionen Jahre nach dem Urknall entstanden und sich am Rande unseres beobachtbaren Universums befinden. Trotz ihrer großen Anzahl waren sie bis dahin unsichtbar, da sie nur sehr schwach leuchten, sogar zehnmal schwächer als die bisher dunkelsten bekannten Galaxien.
Die Entdeckung dieser 167 Galaxien war erst durch die Anwendung einer neuen Technik möglich: Der Einsatz von Gravitationslinseneffekten, die den Lichtweg so krümmen, dass die Position der Lichtquellen verändert erscheint. Diese Methode erlaubte es, die ansonsten für das Hubble-Weltraumteleskop zu lichtschwachen Galaxien zu erfassen.
Dies wird durch Objekte im Vordergrund (z.B. Galaxien) verursacht, die nach der Allgemeinen Relativitätstheorie den Raum in ihrer Umgebung krümmen und so die Lichtstrahlen ablenken. Starke Gravitationslinsen sind dabei sogar nützlich, denn sie können entfernte Galaxien vergrößern, die dadurch einfacher zu entdecken sind.
Um weit entfernte Galaxien zu beobachten, richteten Forscher ihr Teleskop auf massive Galaxienhaufen wie Abell 2744 und MACS 0416, die als natürliche Gravitationslinsen fungieren.
Diese Haufen, die einige Millionen Lichtjahre entfernt sind und ein Gewicht von mehreren Billionen Sonnenmassen haben, krümmen die Lichtstrahlen so stark, dass sie wie kosmische Vergrößerungsgläser wirken und den Blick auf dahinterliegende, lichtschwache Galaxien ermöglichen.
Die Herausforderung bestand darin, extrem lichtschwache Galaxien zu identifizieren, die durch das helle Licht der näheren, massereichen Haufen überstrahlt wurden. Dieses Problem ähnelt dem Versuch, Sterne am hellen Mittagshimmel zu erkennen.
Die Wissenschaftler entwickelten jedoch eine innovative Technik, die es ihnen erlaubte, das störende Licht der Galaxienhaufen aus den Aufnahmen zu filtern, indem sie die unterschiedlichen Lichtsignaturen der Quellen isolierten. Dadurch gelang es ihnen, eine größere Anzahl schwächer leuchtender Galaxien zu entdecken als bisher möglich.
Zukünftige Missionen und Teleskope
Um das kosmologische Modell vom Universum noch weiter zu präzisieren, ist nun Folgendes geplant:
- 2021 soll das James-Webb-Weltraumteleskop, ein Kooperationsprojekt der NASA, der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der kanadischen Weltraumagentur (CSA), die Arbeit von „Hubble“ fortsetzen. Es befindet sich aktuell in der Testphase und verspricht, tiefer in die Geheimnisse des Universums einzudringen.
- Mitte der 2020er-Jahre soll dann ein Weitwinkel-Weltraumteleskop zur Infrarotdurchmusterung, das „Wide Field Infrared Survey Telescope“ („WFIRST“) der US-Raumfahrtbehörde NASA, in den Orbit starten und die Hubble-Konstante quer durch die kosmischen Epochen noch exakter bestimmen.
Sollten keine technischen Probleme auftreten, wird am 30.03.2021 das James-Webb-Teleskop – ein 10 Milliarden Euro Projekt – als Nachfolger des legendären Hubble-Weltraumteleskops mit einer Ariane-5-Rakete ins All gebracht.
Das James-Webb-Weltraumteleskop wird in einer Distanz von 1,5 Millionen Kilometern zur Erde positioniert, sodass es aus irdischer Perspektive an einem festen Punkt zu stehen scheint, während es gemeinsam mit der Erde die Sonne umkreist. Aktuell steht kein bemanntes Raumschiff zur Verfügung, das diese Entfernung erreichen könnte.
Im Vergleich zum Hauptspiegel des Hubble-Teleskops, der kaum größer als ein sehr großer Mensch ist, wird Webb mit seinen Sechs-Meter-Spiegeln das bislang leistungsfähigste Teleskop darstellen. Webb wird nicht im ultravioletten Bereich oder im vollen sichtbaren Lichtspektrum messen; seine Sensoren erfassen visuelle Daten bis hin zu den Rot- und Orange-Tönen.
Dank seiner fortschrittlichen Infrarotmessung und der herausragenden Auflösung ermöglicht das Webb-Teleskop erstmals Einblicke bis zu den äußersten Grenzen des beobachtbaren Universums. Es öffnet ein Fenster zu einem Blickpunkt, an dem sich kosmische und irdische Geschichte kreuzen, und bietet Wissenschaftlern die Möglichkeit, die Frühzeit des Universums und der Erde zu erforschen.
Dabei werden sie das erste Licht des Weltalls sehen können: der für die Forscher der „Heilige Gral“. Denn Dank dieses neuen Instruments können die Wissenschaftler noch weiter in die Geschichte des Universums zurückblicken – bis zu 300 Mio. Jahre nach dem Urknall, als sich die ersten Sterne bildeten.
Das James-Webb-Weltraumteleskop eröffnet neben der Erforschung des Urknalls auch neue Möglichkeiten zur detaillierten Analyse von Exoplaneten in der Milchstraße, die potenziell lebensfreundliche Bedingungen aufweisen könnten. Das Teleskop setzt sich aus 18 dünnen, wabenförmigen Segmenten zusammen, die für den Transport zusammengefaltet sind und erst im Weltraum zu einem präzisen Spiegel auseinandergefaltet werden – mit einer Genauigkeit in der Abstimmung der Segmente von einem Zehntausendstel einer Haarbreite.
Dank seiner um ein Hundertfaches gesteigerten Lichtsammelfähigkeit im Vergleich zum Hubble-Teleskop ermöglicht Webb tiefere Einblicke ins All als jedes bisherige Teleskop. An diesem transatlantischen Projekt ist Deutschland maßgeblich beteiligt. Das Mittelinfrarot-Instrument „MIRI“, entwickelt vom französischen CEA, ist speziell für die Erforschung der Planetenentstehung und die Suche nach Exoplaneten konzipiert. Ein spannendes Projekt könnte die Klärung sein, ob Arktur ein Doppelsternsystem ist (so wie Sirius, der hellste Stern der nördlichen Hemisphäre) – eine Frage, die bisher auch das Hubble-Teleskop nicht lösen konnte.
Die sog. Heliumhydrid-Ionen als die ersten Moleküle, die sich nach dem Urknall im Universum bildeten (Alter: etwa 13,8 Mrd. Jahre)
Moleküle (lat. molecula, „kleine Masse“) sind elektrisch neutrale Teilchen, die aus mehreren Atomkernen bestehen, die durch chemische Bindungen zusammengehalten werden und wenigstens so lange stabil sind, dass sie z.B. spektroskopisch beobachtet werden können.
Im April 2019 gelang es einem Team des Max-Planck-Instituts, eine bahnbrechende Entdeckung zu machen: Sie wiesen erstmals Heliumhydrid-Ionen im Weltraum nach, die ersten Moleküle, die sich etwa 13,8 Milliarden Jahre zuvor kurz nach dem Urknall bildeten.
Die Moleküle, bestehend aus ionisiertem Wasserstoff und Helium, wurden zwar schon 1925 im Labor isoliert, konnten jedoch im Weltall lange nicht nachgewiesen werden. Erst nachdem Wissenschaftler über ein Jahrzehnt hinweg ein spezielles hochauflösendes Spektrometer für Infrarotstrahlung entwickelt hatten, gelang es, diese Moleküle im Kosmos zu identifizieren.
Die Messungen wurden von einer modifizierten Boeing 747 durchgeführt, die als fliegende Sternwarte fungiert. Das Zielmolekül wurde schließlich in einem planetarischen Nebel aufgespürt, der etwa 3.000 Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Diese Entdeckung ermöglichte neue Einblicke in die chemische Zusammensetzung und physikalischen Prozesse in entfernten astronomischen Objekten.
Diese Entdeckung ist nicht nur ein Meilenstein in der Astrophysik, sondern sie verspricht auch, unser Verständnis über die chemischen Prozesse zu vertiefen, die sich in den ersten Momenten nach dem Urknall im Universum abspielten.
Die Unendlichkeit des Weltalls und die rasant fortschreitende und grenzenlose Ausdehnung des Universums um 1 Lichtjahr pro Jahr
Bis ins 20. Jh. hinein glaubte man, dass das Universum nicht größer als „unsere Milchstraße“ sei. Ein italienischer Priester, Dichter, Philosoph und Astronom namens Giordano Bruno (*Januar 1548; †17.02.1600), erkannte dann die Unendlichkeit des Weltalls und die ewige Dauer des Universums.
Zudem behauptete er, dass andere Sterne wie die Sonne sind. Sie werden wie die Erde von Planeten umkreist, auf denen es vielleicht von Leben wimmelt. Damit stellte er sich der damals herrschenden Meinung eines in Sphären untergliederten geozentrischen Weltbildes entgegen.
Viel schwerer wog jedoch, dass seine pantheistischen Thesen von einer unendlichen materiellen Welt keinen Raum für ein Jenseits ließen, da zeitliche Anfangslosigkeit des Universums eine Schöpfung und dessen ewiger Bestand ein Jüngstes Gericht ausschlossen.
Der von 1592 bis 1605 amtierenden Papstes Clemens VIII. (*24.02.1536; †03.03.1605) vertrat dagegen die Ansicht, wenn es dort Leben gebe, dann könnte es nur gesündigt haben. Und wenn es gesündigt hätte, dann hätte Christus dort auftauchen müssen, um es zu retten. Und dann bräuchte man unzählige Christus-Klone, um jeden Planeten zu besuchen.
Daher wurde Giordano Bruno durch die Inquisitionskommission des Papstes kurzerhand der Ketzerei und Magie für schuldig befunden, vom Gouverneur von Rom zum Tode verurteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. – Dabei hat es ihm auch nichts mehr gebracht, dass Papst Johannes Paul II. (*18.05.1920; †02.04.2005) am 12.03.2000 nach Beratung mit dem päpstlichen Kulturrat und einer theologischen Kommission erklärte, die Hinrichtung sei nunmehr auch aus kirchlicher Sicht als Unrecht zu betrachten.
Die Entdeckung des unendlichen Universums und der Expansion des Universums anhand der „Galaxienflucht“
Der amerikanische Astronom Vesto Slipher erkannte 1912 als erster die Rotverschiebung in den Spektrallinien des Lichts von entfernten Galaxien, ein Hinweis auf deren Bewegung im Raum.
Albert Einstein und Willem de Sitter beschrieben 1917 mit der Allgemeinen Relativitätstheorie das Universum erstmals als ein statisches Gebilde, eine Vorstellung, die sich jedoch aufgrund der später entdeckten, stetig zunehmenden Expansion des Universums als unzutreffend herausstellte.
1925 wies Edwin Hubble nach, dass der Nebel in der Andromeda-Galaxie, bekannt als „M 31“, deutlich außerhalb der Milchstraße liegt. Diese Entdeckung führte zur Erkenntnis, dass das Universum expandiert. Hubble nutzte die Beobachtungen der Bewegung von Galaxien, um deren Distanzen zu berechnen und legte damit den Grundstein für das Verständnis der kosmischen Expansion.
Der russische Physiker Alexander Alexandrowitsch Friedmann (*04.06.1888; †16.09.1925) und der belgische Priester und Physiker Georges Edouard Lemaître (*17.07.1894; †20.06.1966) leiteten dann 1927 aus den Feldgleichungen Einsteins und aus der Verteilung der unzähligen Galaxien im All die Expansion des Universums mit der Folgerung ab, dass sich das Universum ausdehnen müsse und wie sich das Universum seit dem Urknall ausdehnt.
Die Wissenschaftler stellten fest, dass die grundlegenden Gleichungen der Relativitätstheorie ein dynamisches Universum beschreiben. Dies zeigt sich in den expandierenden Lösungen der Feldgleichungen, welche die stetige Ausdehnung des Universums mathematisch erfassen.
Diese Erkenntnisse wurden in der wissenschaftlichen Gemeinschaft zunächst kaum beachtet. Aus der beobachteten Fluchtbewegung der Galaxien leitete Lemaître die Expansion des Universums ab und knüpfte Sliphers Beobachtungen der Rotverschiebung von Galaxien mit Hubbles Entfernungsdaten zusammen.
Lemaître interpretierte die “Flucht” der Galaxien als Expansion des Raumes selbst, gemäß der allgemeinen Relativitätstheorie, und nicht als Bewegung innerhalb eines statischen Raumes. Die Beziehung, die später als Hubble-Konstante bekannt wurde, trägt seit 2018 den Namen „Hubble-Lemaître-Gesetz“.
1929 stellte Edwin Hubble eine direkte Korrelation zwischen den Distanzen von Galaxien und den durch Rotverschiebungen implizierten Geschwindigkeiten fest.
Seit Lemaîtres Arbeiten ist bekannt, dass die Entfernung von Galaxien zur Milchstraße proportional zu ihrer Rotverschiebung ist, ein Zusammenhang, der sich auch aus den Friedmann-Gleichungen ergibt, die den Urknall beschreiben.
Diese Beobachtungen dienten als erste Bestätigung der Urknall-Theorie. Anfangs zweifelte Einstein diese Interpretation an und führte die „kosmologische Konstante“ ein, um ein statisches Universum zu begründen.
Aktuelle Daten deuten jedoch auf eine flache (euklidische) räumliche Geometrie des Universums hin, dessen Expansion durch die bedeutende Rolle Dunkler Energie unbegrenzt fortbesteht.Schätzungen zufolge ist das Universum rund 13,7 Milliarden Jahre alt. Die ersten Sterne bildeten sich bereits ungefähr 13,5 Milliarden Jahre zurück.
Die große Bedeutung der Rot- und Blauverschiebung für die Betrachtung entfernter Galaxien und Sternesowie der Expansion des Raumes
Der US-Astrophysiker Edwin Hubble (1889-1953), der Namensgeber des „Hubble“-Weltraumteleskops, konnte 1928 experimentell belegen, dass sich die meisten Galaxien von der Erde entfernen.
Aus der beobachteten Rotverschiebung folgerte er korrekt, dass der Raum sich kontinuierlich und umso schneller ausdehnt, je größer die Entfernung zwischen den Galaxien ist. Diese Rotverschiebung ist ein Hinweis darauf, dass die Galaxien sich vom Betrachter weg bewegen.
Albert Einstein hatte ursprünglich ein statisches Universum in seinen Theorien vorausgesetzt. Angesichts der neuen Beweise für ein expandierendes Universum erkannte er, dass die von ihm eingeführte kosmologische Konstante, die statische Lösungen ermöglichen sollte, nicht haltbar war.
Daher zog er seine Annahme zurück. George Gamow berichtete später, dass Einstein die kosmologische Konstante als „die größte Eselei meines Lebens“ bezeichnete.
Rot- und Blauverschiebung sind Schlüsselbegriffe in der Spektroskopie, die die Verschiebung von Spektrallinien in Atomkernen, Atomen und Molekülen untersucht. In der Astronomie bezeichnet die Rotverschiebung eine Verschiebung der Spektrallinien im Emissions- oder Absorptionsspektrum von astronomischen Objekten zu längeren Wellenlängen.
Diese Verschiebung tritt in Absorption oder Emission auf, abhängig davon, ob Energie aufgenommen oder abgegeben wird, wobei Energie durch gequantelte elektromagnetische Strahlung in Form von Photonen übertragen wird.
Die Rotverschiebung wird definiert durch das Verhältnis der Veränderung der Wellenlänge zur ursprünglichen Wellenlänge und ist benannt nach der Tendenz, sich zum roten, langwelligen Ende des sichtbaren Lichtspektrums hin zu verschieben.
Bei Infrarot-Emissionen erweitert sich die Verschiebung noch weiter zum langwelligen Bereich der Terahertzstrahlung, auch Submillimeterwellen genannt, die im elektromagnetischen Spektrum zwischen Infrarotstrahlung und Mikrowellen liegen. Diese Wellen haben bei einer Länge unter 1 mm einen Frequenzbereich von über 300 GHz.
Einfach erklärt, resultiert die Rotverschiebung aus einer Bewegung der Strahlungsquelle vom Beobachter weg, wodurch Spektrallinien zu größeren, roteren Wellenlängen hin verschoben werden: Die Welle dehnt sich aus.
Die Bestimmung der Rotverschiebung erfolgt durch den Vergleich bekannter Spektren von Atomen und Molekülen mit den durch Spektroskopie gemessenen Werten aus Emissionen oder Absorptionen im Sternenlicht, etwa von Wasserstoff.
Nähert sich die Strahlungsquelle, spricht man von einer Blauverschiebung, also einer Verschiebung zu kürzeren Wellenlängen, wodurch die Welle komprimiert erscheint.
Albert Einstein sagte die gravitative Rotverschiebung bereits 1911 vor der Vollendung seiner allgemeinen Relativitätstheorie voraus. Sie resultiert aus der Energieerhaltung und ist eine notwendige, aber nicht aussagekräftige Bestätigung der Theorie.
Diese Art der Rotverschiebung tritt auf, wenn Licht von einem Gravitationszentrum wegstrahlt, und vergrößert dabei die Wellenlänge. Umgekehrt führt die gravitative Blauverschiebung zu einer Verkürzung der Wellenlänge für Licht, das auf ein Gravitationszentrum zubewegt.
Photonen, die in einem Gravitationsfeld aufsteigen, verlieren Energie, was sich als Rotverschiebung zeigt, fallen sie hingegen, gewinnen sie Energie und erfahren eine Blauverschiebung.
Wesentlich ist, dass die Ausprägung der Rot- oder Blauverschiebung unabhängig vom Winkel der Photonenausstrahlung oder -empfang ist und lediglich von der radialen Bewegung im Gravitationspotential abhängt.
Die gravitative Rotverschiebung ergibt sich aus der gravitativen Zeitdilatation, die sich nicht nur durch die allgemeine, sondern bereits durch die spezielle Relativitätstheorie in Verbindung mit dem Äquivalenzprinzip erklären lässt.
Licht, das von einer Quelle in der Nähe eines Gravitationszentrums emittiert wird und sich nach oben, also vom Gravitationszentrum entfernt, bewegt, wird mit einer niedrigeren Frequenz wahrgenommen.
Dies führt dazu, dass bei einem Lichtsignal, das eine bestimmte Anzahl an Schwingungen aufweist, der zeitliche Abstand zwischen den Schwingungen am Empfangsort größer ist als am Ursprungsort.
Die Verwendung von Atomuhren, die extrem präzise Zeit messen können, hat die direkte Messung des Einflusses der Gravitation auf die Zeit ermöglicht und somit auch experimentelle Bestätigungen der Theorie der gravitativen Rotverschiebung geliefert.
Diese Messungen bestätigen, dass gravitative Effekte einen messbaren Einfluss auf die Zeit und somit auf die Frequenz des Lichts haben.
Die Annahme des Urknalls und die räumliche Expansion des Universums als Ganzes
Heute wissen wir: Die Expansion des Universums beschreibt die zunehmende räumliche Ausdehnung, wie durch astronomische Beobachtungen belegt.
Diese Expansion wird durch die wachsende Entfernung weit entfernter Galaxien voneinander definiert. Laut der Urknall-Theorie verlangsamte sich die Expansion nach einer anfänglichen Inflationsphase in den ersten Milliarden Jahren.
In jüngster Zeit hat sich die Expansionsrate jedoch wieder beschleunigt.
Die Ursachen dieser beschleunigten Expansion sind ein zentrales Thema der aktuellen Forschung und führten zur Hypothese der Dunklen Energie. Zudem kennen wir die „Fluchtgeschwindigkeit“: Das Universum expandiert als Ganzes räumlich weiter!
Nach der vorherrschenden Theorie wird die kosmologische Rotverschiebung nicht als klassischer Dopplereffekt verstanden, sondern als Resultat der generellen Zunahme der Abstände im Universum über die Zeit.
Diese Erkenntnis bestärkt die Urknalltheorie, nach der die Abstände zwischen den Galaxien zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Vergangenheit extrem gering waren, was auf einen Anfangszustand von unendlich hoher Dichte hindeutet.
1998 veröffentlichte Beobachtungen ferner Supernovae zeigen, dass die Expansion des Universums heute beschleunigt abläuft. Diese Beschleunigung wird im Lambda-CDM-Modell beschrieben.
Die Ergebnisse stimmen mit Untersuchungen der kosmischen Hintergrundstrahlung überein, wie sie etwa der „Wilkinson Microwave Anisotropy Probe“ (WMAP) lieferte, eine US-amerikanische Raumsonde, die von 2001 bis 2010 in Betrieb war.
Die beschleunigte Expansion des Universums wird häufig der Dunklen Energie zugeschrieben, die als eine veränderliche Erweiterung der kosmologischen Konstante verstanden wird. Obgleich Dunkle Energie bisher nicht direkt nachgewiesen wurde, gibt es deutliche Hinweise darauf, dass sie sowohl die Expansion des Universums als auch die Bildung von Strukturen darin beeinflusst.
Beobachtungen, die sich nicht durch die Friedmann-Lemaître-Robertson-Walker-Metrik erklären lassen, unterstützen die Annahme einer frühen Phase der exponentiellen Expansion, bekannt als kosmologische Inflation. Diese Theorien und ihre Implikationen werden auch im Kontext der allgemeinen Relativitätstheorie weiterführend erforscht.Harald Lesch und Klaus Kamphausen haben in ihrem Buch „Die Menschheit schafft sich ab – Die Erde im Griff des Anthropozän“ (Knaur Taschenbuch, München 2016, S. 29) die Ausdehnung des Universums wie folgt beschrieben:
„Es ist der Raum, der sich bewegt, in dem er sich ausdehnt. Die Galaxien schwimmen praktisch mit diesem Raum davon. Stellen Sie sich Rosinen in einem aufquellenden Hefeteig vor: Es scheint so, als bewegten Sie sich selbst, tatsächlich aber werden sie mitgetragen. Damit Sie den Unterschied zwischen bewegen und bewegt werden auch wirklich verstehen – er ist im wahrsten Sinne des Wortes weltbewegend –, gebe ich Ihnen noch ein weiteres Beispiel: Nehmen Sie einen Luftballon und kleben sie mehrere Wattebäuschchen darauf. Das sind ihre Galaxien. Jetzt blasen Sie den Ballon auf. Was sehen Sie? Die Wattebäuschchen behalten ihre Form und bleiben Dank Klebstoff auf der Stelle, aber sie entfernen sich trotzdem voneinander. Der Abstand zwischen den Wattebäuschchen wird immer größer, und zwar um so schneller, je weiter sie am Anfang voneinander entfernt waren.“
Brian P. Schmidt, Adam Guy Riess und Saul Perlmutter mit ihrem Nachweis der beschleunigten Ausdehnung des Universums durch die Beobachtung ferner Supernovae (Ende der 1990er-Jahre)
An der Harvard University konnte ein „High-Z Supernova Search Team“ von Brian P. Schmidt und Adam Guy Riess Ende der 1990er-Jahre mittels Supernovae nachweisen, dass sich das Universum beschleunigt ausdehnt. Ein anderes Team war das „Supernova Cosmology Project“ von Saul Perlmutter.
Adam Guy Riess befasste sich vor allem mit der Nutzung von Supernovae als kosmologische Entfernungsmaßstäbe; Mit dem Hubble-Weltraumteleskop verfolgte er ein Suchprogramm nach Supernovae bei noch höherer Rotverschiebung, das bis in die früheren verzögerten Ausdehnungsphasen des Universums reicht.
2011 wurde den drei Wissenschaftlern für ihre Entdeckung der beschleunigten Expansion des Universums durch die Beobachtung ferner Supernovae der Nobelpreis für Physik verliehen.
Die immer schneller beschleunigte Ausdehnung des Weltalls
Seit 1998 wissen wir, dass sich das Universum zunehmend schneller ausdehnt. Für diese bahnbrechende Entdeckung erhielten die Physiker Adam Riess, Brian Schmidt und Saul Perlmutter im Jahr 2011 den Physiknobelpreis.
Nach der anfänglichen Inflation, die dem Urknall folgte, verlangsamte sich die Expansion des Universums, bevor sie wieder an Geschwindigkeit zunahm.
Die Rate der kosmischen Expansion wird durch die Hubble-Konstante quantifiziert, welche in der „Hubble-Formel“ den Zusammenhang zwischen der Entfernung einer Galaxie und ihrer scheinbaren Fluchtgeschwindigkeit definiert.
Es ist wichtig zu beachten, dass sich die Hubble-Konstante im Laufe der kosmischen Entwicklung verändert hat. Besonders während der Inflationsphase expandierte das Universum in extrem kurzer Zeit enorm.
Ferne Galaxien weisen Fluchtgeschwindigkeiten auf, die in einem materiedominierten Universum nicht erklärbar wären. Durch die präzise Vermessung der kosmischen Hintergrundstrahlung kann die heutige Expansionsrate des Universums mit mathematischen Modellen berechnet werden.
Bekannt ist auch die Anfangstemperatur des Universums, die etwa eine Trillionstel Sekunde nach dem Urknall bei 1032 Kelvin lag, wodurch eine Temperatur-Zeit-Korrelation besteht.
Während sich das Universum ausdehnt, kühlt es ab, was bedeutet, dass jeder Zeitpunkt einer bestimmten Temperatur entspricht. Diese Korrelation dient als kosmische „Uhr“ und veranschaulicht die räumliche Vergrößerung des Universums.
Beschleuniger, wie der Large Hardon Collider (LHC) werden gebaut, um den Zustand des 1 Trillionstel Sekunde jungen Universums zu simulieren. So wurde Anfang Juni 2016 festgestellt, dass sich das Universum noch 5 bis 9 % schneller als bisher angenommen ausdehnt.
Die Ausdehnung des Kosmos anstelle der langsamen Abbremsung der Ausdehnung durch die gegenseitige Anziehung der Materie
Eigentlich sollte die gegenseitige Anziehung der Materie die Ausdehnung des Kosmos langsam abbremsen, doch stattdessen expandiert er immer schneller.
Bisher weiß niemand, was für die zunehmende Expansion verantwortlich sein könnte. Dies veranlasste James Peebles, der am 10.12.2019 in Stockholm den Physik-Nobelpreis erhielt, 1984 zu seiner vielleicht größten wissenschaftlichen Leistung und einem radikalen Schritt: Er rehabilitierte Einsteins „Eselei“ und führte die ursprünglich von Albert Einstein ersonnene sog. kosmologische Konstante wieder ein, die heute unter dem Namen „Dunkle Energie“ bekannt ist.
Bei der Suche nach der Ursache der stärker beschleunigten Ausdehnung des Weltalls tappen die Forscher wortwörtlich noch „im Dunklen“: Aber bislang erklären sich die Astrophysiker die Expansion des Weltalls mit einer überall vorhandenen mysteriösen „Dunkle Energie“ als treibende Kraft für die Expansion des Kosmos. Deren Natur ist allerdings noch weitgehend unbekannt und unterliegt weiterhin intensiver Forschung.
Am 25. Dezember 2021 startete das James-Webb-Weltraumteleskop (JWT) als Nachfolger des renommierten Hubble-Teleskops ins All.
2019 haben der US-Amerikaner James Peebles sowie die Schweizer Michel Mayor und Didier Queloz jeweils zur Hälfte den Nobelpreis für Physik für ihre Beiträge zum Verständnis des Universums und des Platzes der Erde im Kosmos erhalten.
Mit ihren Entdeckungen haben sie maßgeblich zum Verständnis unseres Platzes im Universum beigetragen: Peebles hat mit seinen Forschungen zum Kosmos den „theoretischen Rahmen“ geschaffen, der die Grundlage für das moderne Verständnis der Geschichte des Universums, vom Urknall bis zu Gegenwart, gebildet hat.
Mayor und Queloz entdeckten 1995 den ersten Planeten außerhalb unseres Sonnensystems, der einen sonnenähnlichen Stern, 52 Pegasi, umkreist. Seitdem sind über 4.000 Exoplaneten in der Milchstraße gefunden worden. Diese Entdeckungen haben die Vorstellungen von der Welt für immer verändert.
Die neueste Vermessung des Universums und die Verschärfung der kosmologischen Rätsel im Rahmen des Projekts „Pantheon+“ (20.10.2022)
Was verrät uns die Struktur des Universums und seine Dynamik der Expansion?
Ein von Wissenschaftlern des Harvard Smithsonian Center for Astrophysics geführtes internationales Team aktualisierte im Oktober 2022 im Projekt „Pantheon+“ ihre Erkenntnisse zur Beschaffenheit und der Wachstumsrate des Kosmos.
Die Forschenden analysierten Licht von über 1.500 Supernovae, verteilt bis zu 10,7 Milliarden Lichtjahre entfernt. Dabei stießen sie auf ein Rätsel: Die aus den Beobachtungen abgeleitete Expansionsrate widerspricht den Werten aus anderen Messmethoden, was auf unbekannte Kräfte im frühen Universum hindeuten könnte.
Innerhalb von „Pantheon+“ untersuchte das Team spezifisch den Lichtverlauf von Supernovae des Typs Ia.
Ein Stern ähnlich unserer Sonne endet als Weißer Zwerg, wenn er seinen nuklearen Brennstoff verbraucht hat, und ist dann ungefähr erdgroß. Dieser Sternenkörper kühlt über Milliarden von Jahren hinweg ab.
In einem Doppelsystem mit einem größeren Stern kann der Weiße Zwerg jedoch Materie, vorwiegend Wasserstoff, an sich ziehen. Nach einer Ansammlung von genügend Wasserstoff kommt es zu einer thermonuklearen Explosion, einer Supernova Typ Ia. Diese Ereignisse sind für Astronomen besonders aufschlussreich, da sie eine einheitliche maximale Helligkeit erreichen.
Die Leuchtkraft einer Supernova des Typs Ia, wie sie von der Erde aus gesehen wird, reflektiert direkt ihre Distanz im Universum. Dies ermöglicht Astronomen, präzise die Entfernung dieser kosmischen Ereignisse zu messen.
Diese “kosmische Entfernungsmessung” erlaubt es Forschern, die Zusammensetzung und die Expansionsgeschwindigkeit des Universums zu bestimmen, indem sie zahlreiche Supernovae in verschiedenen Distanzen beobachten.
Die jüngsten Ergebnisse des Pantheon+-Projekts untermauern mit bisher unerreichter Präzision das aktuelle Modell des Kosmos: Es zeigt, dass die baryonische Materie – die Sterne, Planeten und Menschen umfasst – nur etwa fünf Prozent des gesamten Universums ausmacht.
Das Universum wird überwiegend von Dunkler Materie und Dunkler Energie beherrscht – zwei Phänomenen, deren Natur und Ursprung noch weitgehend unerklärt sind.
Dunkle Materie, die ungefähr 25 Prozent des Universums ausmacht, spielt eine entscheidende Rolle bei der strukturellen Integrität von Galaxien und Galaxienhaufen, da ohne sie die vorhandene normale Materie nicht ausreichen würde, um diese Strukturen durch Gravitationskräfte zusammenzuhalten. Ohne Dunkle Materie hätte sich im Universum vermutlich nie Leben entwickelt.
Wissenschaftler gehen davon aus, dass Dunkle Materie aus noch nicht identifizierten Teilchen besteht, doch bisherige Detektionsversuche waren erfolglos.
Noch geheimnisvoller präsentiert sich die Dunkle Energie, die trotz der erwarteten Verlangsamung der kosmischen Expansion durch materielle Anziehungskraft, eine beschleunigte Ausdehnung des Universums seit dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren bewirkt. Forscher interpretieren dies als Hinweis auf eine konstante innere Energie des Raumes, eine Einsicht, die durch aktuelle Daten des „Pantheon+“-Projekts gestützt wird. Diese zeigen, dass die Dunkle Energie über die kosmische Zeit hinweg vermutlich konstant geblieben ist.
Die Ergebnisse von „Pantheon+“ zur Hubble-Konstante, die die Rate der kosmischen Expansion misst, sind von großer Bedeutung. Das Team ermittelte einen Wert von 73,4 mit einer Präzision von 1,3 Prozent. Die Hubble-Konstante ist nach Edwin Hubble benannt, der als Pionier in der Erkennung der Ausdehnung des Universums gilt.
Neben „Pantheon+“ existiert eine weitere, unabhängige Methode zur Bestimmung dieser Konstante durch die Analyse der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung, das Relikt des Urknalls. Diese Methode ergab einen geringeren Wert von 67,4, jedoch mit einer noch geringeren Unsicherheit von 0,7 Prozent. Die Diskrepanz zwischen diesen Werten deutet auf eine fundamentale Unklarheit in unserem Verständnis des Expansionsprozesses des Universums hin. Jeder Wert zeigt, wie schnell sich der Abstand zwischen zwei Objekten, die einen Megaparsec – oder 3,26 Millionen Lichtjahre – voneinander entfernt sind, pro Sekunde ausdehnt.
Die Divergenz in den Messwerten der Hubble-Konstante wird als Hubble-Spannung bezeichnet.
Frühere Annahmen, dass dieser Unterschied möglicherweise ein statistischer Fehler sein könnte, sind mit den neuesten „Pantheon+“-Ergebnissen stark in Frage gestellt worden; die Wahrscheinlichkeit eines solchen Fehlers ist nun auf weniger als ein Zehntausendstel Prozent gesunken.
Die Hoffnung der Forschenden, mit den aktuellen Daten eine Lösung für diese Diskrepanz zu finden, hat sich nicht erfüllt. Stattdessen sehen sie sich gezwungen, zahlreiche bisherige Erklärungsansätze zu verwerfen, da die Unterschiede nun gravierender erscheinen als zuvor.
Die Hubble-Spannung könnte auf unbekannte physikalische Phänomene im frühen Universum hinweisen. Viele neue theoretische Modelle sind entstanden, um diese Anomalie zu erklären, doch diese müssen sich erst in der Praxis durch zusätzliche Daten und Beobachtungen bewähren.
Die Mikronova – Eine neue Art von Sternenexplosion
Bislang waren Astronomen vor allem mit Supernovae vertraut, extrem energiereichen Sternenexplosionen. Doch 2022 entdeckte ein internationales Team während der Suche nach Exoplaneten um ferne Sterne eine neue Art von Sternexplosion: die sogenannten Mikronovae.
Der Begriff „Mikronova“ mag harmlos und klein klingen, doch die tatsächliche Energie dieser Explosionen ist immens. Mikronovae setzen zwar nur etwa ein Tausendstel der Energie einer herkömmlichen Nova frei, doch die Menge an verbranntem Wasserstoff während einer solchen Explosion entspricht der 40.000-fachen Masse des Mount Everest. Diese thermonuklearen Explosionen treten spezifisch an den Polen von Weißen Zwergsternen auf und fordern unser Verständnis solcher Ereignisse heraus.
Seit Jahrhunderten sind Astronomen mit dem Phänomen der Novae vertraut, bei denen Weiße Zwerge in einem Doppelsystem von einem Partnerstern Materie, hauptsächlich Wasserstoff, anziehen.
Reagiert der akkumulierte Wasserstoff auf der Oberfläche des Weißen Zwergs, kommt es zu einer flächendeckenden thermonuklearen Explosion, die den Stern kurzzeitig extrem hell aufleuchten lässt. Diese Novae waren bislang die bekanntesten Beispiele für derartige Sternexplosionen.
In den Aufzeichnungen des Weltraumteleskops TESS, das primär zur Entdeckung von Exoplaneten eingesetzt wird, entdeckten Forscher Sternexplosionen, die von bestehenden Modellen nicht abgedeckt werden. Diese Ereignisse, bei denen die Helligkeit eines Sterns für mehrere Stunden ansteigt, allerdings nicht so intensiv wie bei Novae, wurden in den TESS-Daten dreimal identifiziert.
Die Untersuchungen zeigten, dass Mikronovae auf Weißen Zwergen mit ausgeprägten Magnetfeldern auftreten. Es scheint, dass diese Magnetfelder die von einem Begleitstern abgezogene Materie gezielt zu den magnetischen Polen des Weißen Zwergs leiten. An diesen Polen wird der Wasserstoff durch die magnetischen Kräfte festgehalten, was zu einer lokalisierten Kernfusion führt.
Diese Beobachtungen markieren das erste Mal, dass eine derart lokal begrenzte Wasserstoff-Fusion direkt nachgewiesen werden konnte, was neue Einblicke in die Physik von Sternexplosionen bietet.
Das Alter des Universums: Die zeitliche Rückrechnung bis zu dem „Ur-Punkt“ der unendlichen Materie- und Energiedichte (vor 13,82 Mrd. Jahren)
Aus der Erkenntnis, dass sich das Universum ständig weiter ausdehnt, kamen insbesondere Edwin Hubble, Alexander Alexandrowitsch Friedmann (1922, 1924) und Georges Lemaître (1927) auf den konsequenten Gedanken, dass das Universum irgendwann viel kleiner gewesen sein müsse.
Bei der „zeitlich rückwärts“ gerichteten Betrachtung nannte Lemaître den Ursprung des Universums und den Anfang der Schöpfungsgeschichte dann das „Uratom“. So wurde er dann zum eigentlichen Begründer der „Urknall-Theorie“.
Aus der aktuellen Ausdehnungsgeschwindigkeit des Universums können die Wissenschaftler heute zeitlich rückwärts recht präzise das Alter des Universums berechnen.
Die Hubble-Konstante ist ein entscheidender Faktor in der Kosmologie, da sie unter anderem zur Bestimmung des Alters des Universums verwendet wird. Durch die Analyse der Helligkeitsunterschiede von Sternen, die über weite Entfernungen beobachtet werden und eine annähernd identische Leuchtkraft aufweisen, können Wissenschaftler die Entfernungen von Galaxien sowie das Ausmaß der kosmischen Expansion berechnen. Diese Daten ermöglichen es, indirekt auf den Zeitpunkt der Entstehung des Universums zu schließen.
Heute wissen wir, und dass das Tempo der Ausdehnung des Weltalls – möglicherweise aufgrund der sog. Dunklen Energie – sogar zunimmt und sich das Weltall seit 5 oder 6 Mrd. Jahren immer schneller ausdehnt. Formal führt die Lösung zu einem „Ur-Punkt“ vor 13,82 Mrd. Jahren, zu dem
- der Wert des Skalenfaktors verschwindet,
- das Universum keine Ausdehnung hatte und
- die Temperatur sowie Materie- und Energiedichte unendlich groß werden.
Die Erforschung der Frühzeit des Universums mit neuen Teleskopen und Observatorien
Zudem können die Kosmologen heute mit neuen Teleskopen und Observatorien weiter denn je in die Vergangenheit blicken und hierduch das Alter und die Evolution des Universums besser verstehen.
Denn wer Milliarden Lichtjahre entfernte Galaxien und Sterne beobachtet, sieht sie so, wie sie vor Milliarden Jahren waren.
Auf diese Weise können die Forscher rekonstruieren, auf welche Art und seit wann die „Dunkle Energie“ Einfluss auf die Entwicklung des Alls nimmt. Das Hubble Weltraumteleskop ermöglicht hierbei tiefste Blicke ins All und hat unser Bild vom Kosmos und von Schwarzen Löchern, schillernden Gasnebeln und fernen Planeten verändert.
Die Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung zur Beobachtung des frühen Universums und der Entstehung des Universums
Die Messungen der kosmischen Hintergrundstrahlung haben eine Beobachtung des frühen Universums und einen der ersten Beweise für die Theorie von der Entstehung des Universums ermöglicht.
Sie enthält zahlreiche Daten aus der Frühzeit des Universums, einschließlich solcher, die es ermöglichen, die Hubble-Konstante durch den Abgleich mit aktuellen Beobachtungen zu bestimmen.
Forschern war klar, dass die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung am effektivsten aus dem Weltraum gemessen werden kann. Auf der Erde stören Rauscheffekte und die variierende Durchlässigkeit der Atmosphäre im Mikrowellenbereich die Präzision solcher Messungen erheblich.
Daher entwickelte die NASA in den 1980er Jahren einen spezialisierten Satelliten, den „Cosmic Background Explorer“ (COBE), der 1989 ins All geschickt wurde. Die wissenschaftliche Führung des Projekts hatten John Mather, George Smoot und David Wilkinson inne. Nach Wilkinsons Tod im Jahr 2002 wurden Mather und Smoot 2006 für ihre bahnbrechenden Arbeiten mit dem COBE-Satelliten mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet.
Von COBE wurden dann von 1989 bis 1993 Fluktuationen in der kosmischen Mikrowellen-Hintergrundstrahlung durch ein differenzielles Mikrowellenradiometer entdeckt.
Die Größe der Fluktuationen ist größer als der Horizont zu dem Zeitpunkt, als die Hintergrundstrahlung emittiert wurde. Daraus folgt, dass die Fluktuationen primordial sind und aus einer Zeit vor der Trennung von Strahlung und Materie (Transparenz) stammen.
Der Begriff „Horizont“ beschreibt den Bereich im Universum, innerhalb dessen kausale Verbindungen, wie die Ausbreitung von Licht, möglich sind. Das am 14. Mai 2009 gestartete Weltraumteleskop „Planck“ der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) ermöglichte den Forschern durch seine verbesserte Auflösung präzisere Einsichten in die Inflationsepoche und eine sehr genaue Vermessung der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung.
Die Daten zeigten Fluktuationen in der dichten kosmischen Ursuppe, die als Vorläufer der großräumigen Strukturen im Universum gelten.
Man geht heute davon aus, dass die kosmologische Inflation direkt nach dem Urknall in extrem kurzen Zeitabschnitten stattfand, gemessen in Bruchteilen einer Sekunde.Obwohl die spezifischen Details und Mechanismen der Inflation noch weitgehend unerforscht sind, stützen die gemessenen Temperaturschwankungen in der kosmischen Hintergrundstrahlung die Theorie einer solchen Inflationsphase, insbesondere während der Trennung von Materie und Strahlung in der darauffolgenden Epoche.
Durch die Ausdehnung und die damit verbundene Abkühlung des Universums spaltete sich der Rest der Ur-Kraft abermals auf in:
- die starke Kernkraft und
- die elektroschwache Kraft.
Dabei verselbstständigte sich die starke Kraft, die zwischen den Kernteilchen wirkt. Diese wird heute durch die sog. Quanten-Chromodynamik (QCD) mit den sog. W- und Z-Bosonen als kraftvermittelnde Teilchen beschrieben. Zurück blieb die sog. elektroschwache Kraft, die das Universum in jede der 3 Raumrichtungen um mindestens 50 Größenordnungen explodieren ließ.
Offenbar erfüllte in der Phase der sog. Inflation ein mächtiges sog. Inflatonfeld in den Sekunden 10-35 bis 10-33 das All. Es wurde von Teilchen, den Inflatonen, gebildet, die der Schwerkraft entgegenwirkten, indem sie die kosmische Ausdehnung extrem beschleunigten.
Dies resultierte darin, dass sich das Universum innerhalb eines extrem kurzen Zeitraums – weniger als einer Sekunde – um einen Faktor von 100 Trillionen expandierte, von der Größe eines Protons auf etwa die Größe eines Fußballs. Verursacht wurde diese rasante Ausdehnung durch exotische Inflatonen, bei denen die Schwerkraft eine abstoßende Wirkung hatte. Diese Partikel sind seitdem im Universum nicht mehr aufgetreten.
In der frühen Phase der Inflation setzte das Inflatonfeld enorme Energiemengen frei, was zu einer gigantischen Ausdehnung des Universums um den Faktor zwischen 1.030 und 1.050 führte. Laut Theorie expandierte der Bereich, der heute als beobachtbares Universum bekannt ist, von einem Durchmesser, der kleiner als ein Proton ist, auf etwa 10 cm.
Während dieser kurzen Inflationsperiode blähte sich das kosmische Volumen auf die Größe eines Medizinballs auf. Diese Expansion hatte zwei wesentliche Folgen:
- Zum einen führte der Übergang vom sogenannten falschen Vakuum zum heutigen richtigen Vakuum zur Bildung des Higgs-Feldes, das 2018 indirekt durch die Detektion von Higgs-Teilchen bestätigt wurde. Dieses Feld war maßgeblich dafür verantwortlich, dass alle damals existierenden Teilchen ihre Masse erhielten.
- Zum anderen kam es zu einer exponentiellen und rasanten Expansion des Universums, bei der sich die Teilchen mit Überlichtgeschwindigkeit voneinander entfernten.
Durch die Aufblähung des Universums wurden die aufgrund der Quantenmechanik immer vorhandenen winzigen Dichteschwankungen auf die Größe von Galaxien aufgeblasen, womit man deren Existenz erklärt.
In der mehrdimensionalen Analysis, der Vektorrechnung und der Differentialgeometrie beschreibt ein skalares Feld eine Funktion, die jedem Punkt eines Raumes einen Skalar, also eine reelle Zahl zuweist – beispielsweise die Temperatur an einem bestimmten Ort.
Im Anschluss an die Bildung solcher Felder entstanden fundamentale Partikel, darunter Elektronen und Positronen, Quarks und Antiquarks, Neutrinos, Vorläufer der Photonen und Gluonen. Letztere sind für die Übertragung der Starken Kernkraft verantwortlich. In dieser Frühphase des Universums existierten Teilchen und Antiteilchen in gleichen Mengen; trafen sie aufeinander, kam es zur Annihilation. Dies führte zu einem dynamischen Zustand von ständiger Entstehung und Vernichtung von Teilchen, was die Ausdehnung des Universums zeitweise verlangsamte.
Die überlichtschnelle Expansion des Universums widerspricht nicht Einsteins Relativitätstheorie, da sie lediglich überlichtschnelle Bewegungen von Objekten innerhalb des Raumes ausschließt, nicht aber die überlichtschnelle Ausdehnung des Raumes selbst.
Nicht die Teilchen im Raum bewegten sich auseinander, sondern ihre Eigengeschwindigkeit war Null. Vielmehr war es der Raum selbst, der mit den darin befindlichen Teilchen so rasant expandierte, wobei keine Information superluminal übertragen wurde.
Bereits nach der Inflationsphase hatte das Universum praktisch die heutigen Abmessungen.
Seitdem dehnte sich das Universum wieder relativ langsam aus, wobei es bis heute seine derzeit bekannte Gestalt angenommen hat. Aber wohl gemerkt: Nur der Raum des Universums dehnt sich aus, nicht dagegen die Galaxien und Sterne im Universum.
Obwohl das Inflationsmodell bei der Erklärung der Kosmologischen Konstante in Albert Einsteins Gleichungen der Allgemeinen Relativitätstheorie, die die Gravitation als geometrische Verformung der Raumzeit auffasst, an seine Grenzen stößt, liefert es dennoch elegante Erklärungen für mehrere grundlegende kosmologische Phänomene unseres Universums:
- die universelle Gleichförmigkeit des Kosmos, bekannt als das Horizontproblem,
- die minimale Krümmung des Raumes, die das Flachheitsproblem adressiert,
- das Fehlen von magnetischen Monopolen,
- die Entstehung großräumiger Strukturen wie Galaxien und Galaxienhaufen,
- sowie das Muster der Temperaturschwankungen in der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung in der „Postinflationsphase“.
Die Inflationstheorie bietet eine Erklärung für die Dichtefluktuationen, die durch Quantenfluktuationen des Inflatonfeldes entstanden sind und letztlich zur Bildung von Galaxien und Galaxienhaufen führten.
Die rapide Expansion während der Inflationsperiode skalierte diese Fluktuationen auf eine makroskopische Dimension hoch, eine Leistung, die durch eine herkömmliche Expansion nicht erreicht worden wäre.
Das Ende der Inflationsperiode bleibt ein offenes Forschungsproblem.
Eine gängige Hypothese ist der Zerfall der Inflatonen während der Quark-Ära innerhalb eines Sekundenbruchteils. Nach dem sogenannten Slow-Roll-Modell erreichte das Inflatonfeld ein energetisches Minimum, das die Inflation beendete, während das GUT-Modell das Ende durch eine Brechung der GUT-Symmetrie erklärt.
Viele Fachleute betrachten heute das Konzept der „ewigen Inflation“, das besagt, dass sich einige Regionen des Universums nach dem Urknall weiterhin in einem Zustand beschleunigter Expansion befinden. Diese Regionen, oder „Taschen“, können unterschiedliche physikalische Gesetze aufweisen, und unser beobachtbares Universum wäre Teil einer solchen Tasche, die bewohnbar ist und in der die Inflation gestoppt hat.
Theoretiker diskutieren daher die Existenz eines Multiversums, in dem unterschiedliche physikalische Gesetze je nach Region gelten können.
Eine relevante Studie dazu wurde im „Journal of High Energy Physics“ der Universität Cambridge veröffentlicht, co-verfasst von Stephen Hawking und Thomas Hertog von der Universität Löwen kurz vor Hawkings Tod im März 2018.
In dieser Studie haben Stephen Hawking und Thomas Hertog die Idee eines „Multiversums in einem Meer ewiger Inflation mit Taschen“ zurückgewiesen.
Dabei haben sie eine deutlich einfachere Theorie vom Beginn des Universums, dem Urknall, begründet, die die Fachwelt auf den Kopf stellen könnte. Wie sie berechnet haben, enthält ihre neue Theorie zugleich Aussagen zur wabenartigen Struktur des Universums, die experimentell überprüfbar sein sollen.
Hawking und Hertog integrierten die Stringtheorie in ihre Forschung, eine Theorie, die Quantenmechanik mit Einsteins Relativitätstheorie und Gravitation vereint. Sie postulieren, dass die fundamentale Struktur des Universums aus mikroskopisch kleinen, schwingenden Saiten besteht, die sowohl die Quantenphysik als auch die Gravitation miteinander verknüpfen.
In ihrer Arbeit nutzten die Forscher das Konzept der Stringtheorie, um die Zeit als eine Art holografisches Phänomen zu erklären, bei dem sich dreidimensionaler Raum als eine Projektion auf einer zweidimensionalen Fläche abbilden lässt.
Sie argumentieren, dass am Ende der kosmischen Inflation, die nach dem Urknall stattfand, eine Art “Grenzfläche” existiert, deren Eigenschaften erst durch unsere konventionellen Vorstellungen von Zeit definiert werden. Im Gegensatz zu anderen Theorien des Multiversums behaupten Hawking und Hertog, dass es jenseits dieser Zeitgrenze keine endlose Ausdehnung des Universums gibt.
Das Universum entspricht daher den Strukturen, die prinzipiell auch astronomisch beobachtbar sind.
Nach Hawkings Tod strebt Hertog danach, ihre Forschung weiterzuführen. Er vermutet, dass seit dem Beginn der Zeit Gravitationswellen ausgesendet wurden, die theoretisch heute noch nachweisbar sein könnten, ähnlich dem „Nachhall eines Schusses“. Die aktuellen Detektoren auf der Erde reichen jedoch noch nicht aus, um diese zu messen.
Ob Hawking und Hertog recht behalten, wird sich aber eines Tages mithilfe von künftigen Gravitationswellendetektoren überprüfen lassen. Denn im All stationierte Detektoren dürften eines Tages in der Lage sein, das Echo des Urknalls zu vermessen, woraus sich die Natur der kosmischen Inflation wird ableiten lassen.
Forschungssatelliten, die Hawkings letzte These überprüfen könnten, sind bereits von der ESA geplant. Es sollen 3 Satelliten ins All gebracht werden, die gemeinsam einen hochempfindlichen Gravitationswellendetektor bilden. Das Projekt trägt den Namen „ELISA“.
Die Satelliten „Cosmic Background Explorer” (COBE) und „Wilkinson Microwave Anisotropy Probe“ (WMAP, früher MAP, auch Explorer 80) (2001 – 2010)
Von 1989 bis 1992 untersuchte der „Cosmic Background Explorer“ (COBE) aus einem Erdorbit die kosmische Hintergrundstrahlung, was grundlegende Erkenntnisse über die Beschaffenheit des frühen Universums lieferte.
Die Erkenntnisse von COBE wurden später durch den NASA-Satelliten „Wilkinson Microwave Anisotropy Probe“ (WMAP) weiter vertieft. Dieser Satellit, ursprünglich als MAP (Microwave Anisotropy Probe) bekannt und später zu Ehren des Physikers David Todd Wilkinson umbenannt, startete am 30. Juni 2001 an Bord einer Delta-II-Rakete und war bis 2010 aktiv.
WMAP, die 840 kg schwere Raumsonde, hatte die Aufgabe, die Unregelmäßigkeiten in der kosmischen Hintergrundstrahlung detaillierter zu kartieren.
WMAP, ausgestattet mit einem Pseudo-Correlation-Radiometer und zwei Gregory-Antennen, maß Strahlungsfrequenzen von 22 bis 90 GHz und konnte Temperaturunterschiede bis zu 20 Millionstel Grad feststellen. Die Sonde operierte vom Lagrange-Punkt L2 aus, was sie von erdgebundenen Interferenzen isolierte. Die Messungen von WMAP ergaben eine präzisere Karte der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung, die eine extrem homogene Strahlung zeigte, mit Schwankungen, die nur 5·10−5 des Mittelwerts von etwa 2,7 Kelvin betrugen.
Die Nachfolgemission des WMAP, das europäische Weltraumteleskop Planck, startete im Mai 2009 und übertraf die Auflösung von WMAP dreifach, bei gleichzeitig besserer Minimierung von Störstrahlungen. Planck war von August 2009 bis Oktober 2013 aktiv und lieferte Daten mit noch größerer Präzision zur Analyse der kosmischen Hintergrundstrahlung.
Das Weltraumteleskop „Kepler“
Im März 2009 lancierte die NASA das „Kepler-Weltraumteleskop“, benannt nach dem deutschen Astronomen Johannes Kepler, der im frühen 17. Jahrhundert die Gesetze der Planetenbewegungen formulierte. Das Ziel des Projekts war die Suche nach extrasolaren Planeten (Exoplaneten).
Bis Mai 2013 musste die NASA jedoch bekanntgeben, dass aufgrund zweier defekter Reaktionsräder eine präzise Ausrichtung des Teleskops nicht mehr möglich war. Deshalb wurde die Hauptmission am 15. August 2013 offiziell beendet. Trotz dieser Herausforderung setzte Kepler seine Suche in einer modifizierten Mission, bekannt als „K2“, fort.
Dank dieser modifizierten Mission entdeckte ein internationales Team von Astronomen 2015 mit Hilfe von Kepler das damals älteste bekannte Sonnensystem „Kepler-444“, das vier erdähnliche Planeten umfasst und etwa 11,3 Milliarden Jahre alt ist, nur rund 2,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall. Dieser Fund unterstreicht, dass erdähnliche Planeten schon seit dem Großteil der rund 13,82 Milliarden Jahre währenden Geschichte des Universums existieren könnten.
Die Mission endete am 30. Oktober 2018 aufgrund von Treibstoffmangel, und das Teleskop wurde am 15. November 2018 endgültig abgeschaltet. Dies markiert den Abschluss einer Ära, die unser Verständnis von exoplanetaren Systemen erweitert hat und Hinweise darauf liefert, dass lebensfreundliche Bedingungen möglicherweise bereits in den frühen Phasen des Universums vorhanden waren.
Das Hubble Weltraumteleskop, die Entdeckung des ältesten Sterns mit der Geburtsstunde „nur“ 2,5 Mrd. Jahre nach dem Urknall sowie die derzeitige Ausdehnung des Weltalls mit 13,5 Mrd. Lichtjahren (24.04.1990)
Am 24. April 1990 startete das Hubble-Weltraumteleskop (HST), eine gemeinsame Entwicklung von NASA und ESA und benannt nach dem Astronomen Edwin Hubble, an Bord des Space Shuttles „Discovery“ von der Mission STS-31 am Weltraumbahnhof Cape Canaveral ins All. Bereits am folgenden Tag wurde es erfolgreich im Orbit positioniert. Über die Jahre wurde das Teleskop durch mehrere Service-Missionen entscheidend verbessert, um seine Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu steigern.
Das fliegende Observatorium umkreist die Erde seit über 30 Jahren in einer Höhe von 550 Kilometern und mit einer Geschwindigkeit von 28.100 Kilometern pro Stunde. Dank seiner Position außerhalb der störenden Erdatmosphäre ermöglicht das etwa 11 Tonnen schwere und autobusgroße Weltraumteleskop Beobachtungen, die von der Erdoberfläche aus nicht realisierbar wären. Es deckt ein breites Spektrum elektromagnetischer Strahlung ab, von Infrarot über sichtbares Licht bis hin zu Ultraviolett. Der Durchmesser seines Hauptspiegels beträgt 2,4 Meter.
Das Hubble-Weltraumteleskop, benannt nach dem Astronomen Edwin Hubble und 1990 gestartet, arbeitet mit der mittlerweile veralteten Technologie des NASA Standard Spacecraft Computer-1-Systems (NSSC-1) aus den 1980er-Jahren. Trotz mehrfacher Reparaturen durch NASA-Astronauten, zuletzt im Jahr 2009, hat das Teleskop wiederholt technische Herausforderungen erlebt.
Dennoch bleibt „Hubble“ eines der populärsten wissenschaftlichen Instrumente weltweit, mit über 1,5 Millionen gesendeten Bildern, die spektakuläre Ansichten von Planeten, Sternen, Asteroiden und fernen Galaxien umfassen. Diese Aufnahmen haben nicht nur das öffentliche Interesse an der Astronomie gesteigert, sondern auch wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse geliefert, die in mehr als 19.000 begutachteten Fachartikeln diskutiert wurden.
Ein signifikanter Vorteil des „Hubble“ gegenüber irdischen Teleskopen ist seine Position außerhalb der Erdatmosphäre, was ihm einen ungetrübten Blick ins Weltall ermöglicht, frei von atmosphärischen Störungen wie Wolken, Staub oder Luftturbulenzen. Durch strategische Wartungsmissionen wurden nicht nur defekte, sondern auch noch funktionstüchtige Teile durch technologisch fortgeschrittenere Komponenten ersetzt, was die Leistungsfähigkeit des Teleskops über die Jahre gesteigert hat.
Forscher haben für die Messung der Ausdehnung des Universums verschiedene Maßstäbe entwickelt. Eine sehr bewährte Methode nutzt regelmäßig pulsierende Riesensterne, die sog. Cepheiden in anderen Galaxien, die auch „kosmische Meilensteine“ genannt werden.
Cepheiden gehören zu einer Gruppe von pulsationsveränderlichen Sternen, deren Helligkeitsschwankungen streng periodisch verlaufen. Diese Sterne strahlen bis zu 100.000 Mal heller als unsere Sonne und sind daher auch über große Entfernungen hinweg sichtbar. Ihre Helligkeit variiert in einem gleichmäßigen Rhythmus, dessen Dauer von der Leuchtkraft des jeweiligen Sterns abhängt.
Dieser regelmäßige Schwankungszyklus ermöglicht eine präzise Entfernungsbestimmung: Aufgrund des bekannten Schwankungsrhythmus können Astronomen die absolute Helligkeit eines Cepheiden-Sterns bestimmen. Daraus lässt sich ableiten, wie weit der Stern entfernt sein muss, damit er von der Erde aus mit der beobachteten Helligkeit erscheint.
So können Forscher nicht nur die präzise Position jedes untersuchten Cepheiden am Himmel feststellen, sondern auch dessen genaue Distanz bestimmen. Die Periode dieser Sterne korreliert direkt mit ihrer Leuchtkraft, was Aufschluss über ihre tatsächliche Helligkeit gibt.
Indem man die scheinbare Helligkeit entfernter Cepheiden mit der bekannter, näher gelegener Cepheiden vergleicht, lässt sich die Entfernung ihrer jeweiligen Heimatgalaxien ermitteln. Dieses Verfahren ist essentiell für die präzise Messung kosmischer Distanzen.
Wesentliche Erkenntnisse aus der Astrophysik sind:
- Die tiefgreifenden Hubble-Aufnahmen wie das Hubble Deep Field, Hubble Ultra Deep Field und Hubble Extreme Deep Field bieten unvergleichliche Einblicke in die Entwicklungsphasen entfernter Galaxien.
- Durch die Beobachtung von Cepheiden in nahen Galaxien konnte die kosmische Entfernungsskala präzisiert werden, was zur genaueren Messung astronomischer Distanzen beiträgt.
- Die Analyse der Helligkeitsmuster und Rotverschiebung von fernen Supernovae liefert Belege für die beschleunigte Expansion des Universums. Diese Beobachtungen stützen das Lambda-CDM-Modell, welches das Standardmodell der Kosmologie darstellt und auf der Annahme einer kosmologischen Konstante basiert.
- Ferner ermöglichten präzise Messungen in den Kernregionen zahlreicher naher Galaxien sowie unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, den Nachweis von Schwarzen Löchern, die zentrale Rollen in diesen himmlischen Strukturen spielen.
Astronomen um den US-Nobelpreisträger Adam Riess schließen aus neuen Messergebnissen des „Hubble“-Weltraumteleskops, dass das Universum auf 13,5 Mrd. Lichtjahre ausgedehnt ist und sich zurzeit in jedem Jahr um 1 weiteres Lichtjahr erweitert.
Da 1 Lichtjahr diejenige Strecke ist, die das Licht in einem Jahr zurücklegt und die knapp 10 Billionen Kilometern entspricht, ist das Universum also in jeder Richtung sage und schreibe 13,5 Mrd. mal 10 Billionen Kilometer groß ist.
Die erhöhte kosmische Expansionsrate steht im deutlichen Unterschied zu der bisher gemessenen Ausdehnung des jungen Universums direkt nach dem Urknall.
Im Dezember 1995 nutzte das Hubble-Weltraumteleskop seine damals höchste technische Auflösung, um das Hubble Deep Field (HDF) aufzunehmen – eine detaillierte Aufnahme eines kleinen Segments des Sternenhimmels, das sich durch das Fehlen naher Sterne und anderer naher Objekte auszeichnet. Diese Bedingungen ermöglichten die Beobachtung extrem entfernter Galaxien, bis zu einer Distanz von etwa 12 Milliarden Lichtjahren, was Einblicke in die Entwicklungsphasen von Galaxien im frühen Universum erlaubte.
Eines der Hauptziele des Hubble-Weltraumteleskops war es, hochauflösende Bilder von weit entfernten Galaxien zu machen, die von der Erdoberfläche aus aufgrund atmosphärischer Störungen nicht möglich wären. Durch seine Position oberhalb der Atmosphäre und die Fähigkeit, im Ultraviolettbereich empfindlicher zu beobachten, konnte HST detailreichere Aufnahmen liefern als erdbasierte Teleskope. Obwohl anfängliche Probleme mit sphärischer Aberration die Bildqualität beeinträchtigten, war Hubble seit seinem Einsatzbeginn 1990 in der Lage, Galaxien in bis dahin unerreichbaren Entfernungen zu erfassen. Da das Licht dieser Galaxien viele Milliarden Jahre zu uns unterwegs ist, sehen wir diese Galaxien so, wie sie in ihrer frühen Entwicklungsphase waren.
Für die Auswahl des Hubble Deep Field (HDF) fiel die Entscheidung auf eine scheinbar leere Region im Sternbild Großer Bär, die besonders frei von hellen Sternen und anderen optischen Beeinträchtigungen ist. Diese Lokalität ermöglichte eine ungestörte Beobachtung weit entfernter Galaxien und kosmischer Strukturen.
Dieses Gebiet ist derart klein, dass es kaum Sterne unserer eigenen Galaxie, der Milchstraße, enthält; die übrigen Objekte sind weit entfernte Galaxien, darunter einige der frühesten nach dem Urknall, die bis zu diesem Zeitpunkt beobachtet wurden.
Die Entdeckung zahlreicher früher Galaxien im HDF markierte einen Durchbruch in der Erforschung des frühen Universums und führte zur Veröffentlichung von nahezu 400 wissenschaftlichen Arbeiten. Das beobachtete Feld ist etwa so groß wie der Winkel, unter dem ein Tennisball aus 100 Metern Entfernung gesehen wird. Die Gesamtaufnahme besteht aus 342 Einzelbildern, die über zehn Tage hinweg vom 18. bis 28. Dezember 1995 mit der Wide Field and Planetary Camera 2 (WFPC2) des Hubble-Weltraumteleskops aufgenommen wurden.
Drei Jahre später wurde ähnlich verfahren, um eine entsprechende Aufnahme der südlichen Hemisphäre zu erstellen, die als Hubble Deep Field South bekannt wurde. Die Ähnlichkeiten zwischen beiden Himmelsfeldern unterstützen die Annahme, dass das Universum im Großen homogen und isotrop ist, was das kosmologische Prinzip bestätigt, dass die Erde keine bevorzugte Position im Universum einnimmt.
Im Jahr 2004 wurde dann das Hubble Ultra Deep Field veröffentlicht, das mit einer Belichtungszeit von 11,3 Tagen noch tiefere Einblicke ins Universum im sichtbaren Lichtspektrum ermöglichte.
Das Bild Hubble Extreme Deep Field (XDF), das 2012 veröffentlicht wurde, bietet den bisher tiefsten Einblick ins Universum mit einer gesamten Belichtungszeit von 23,1 Tagen. Für diese Aufnahme richteten Astronomen die Kamera des Hubble-Weltraumteleskops über 100 Stunden auf einen kleinen Bereich im Sternbild „Großer Bär“, der auf den ersten Blick fast leer erschien. Das XDF kombiniert Beobachtungen, die insgesamt über 22 Tage dauerten, und schließt zusätzliche Belichtungen in verschiedenen Wellenlängen des Lichtspektrums ein, um ein noch detaillierteres Bild des frühen Universums zu erfassen.
Laut NASA und ESA gelten die Aufnahmen als bislang tiefster Blick ins sichtbare Weltall. Zum ersten Mal konnte auch die Atmosphäre eines Planeten bei einem anderen Stern untersucht werden. Außerdem konnten in den Tiefen des Weltalls einige der ersten Galaxien aufgespürt werden, die nach dem Urknall entstanden sind, und auch das älteste Sternenlicht, das je aufgenommen wurde.
Die Daten des Hubble-Weltraumteleskops haben nicht nur ikonische Bilder des Universums geliefert, sondern auch die Erkenntnis, dass sich das Universum nicht nur ausdehnt, sondern dass die Geschwindigkeit dieser Ausdehnung zudem zunimmt. Hubble hat es ermöglicht, die Ausdehnung des Universums auf etwa 13,5 Milliarden Lichtjahre genau zu bestimmen.
Trotz seiner Erfolge stößt Hubble bei der Suche nach den ältesten Galaxien mittels Infrarottechnologie an seine physikalischen Grenzen, da die Instrumente nicht ausreichend leistungsfähig sind, um tief in die Anfänge des Universums zu blicken.
Die Herausforderungen der Technologie aus dem vergangenen Jahrtausend wurden im Juni 2021 besonders deutlich, als ein Computerfehler Hubble lahmlegte, woraufhin die NASA verkündete, dass das Teleskop “blind” sei. Der Versuch, das Problem durch einen Neustart zu beheben, schlug fehl. Das Teleskop verblieb in einem Sicherheitsmodus, und alle Versuche, es wieder in Betrieb zu nehmen, waren bis zu diesem Zeitpunkt erfolglos.
Insgesamt hat die Menschheit dem Hubble-Weltraumteleskop aber viel zu verdanken. In den vergangenen 3 Jahrzehnten hat es unzählige Aufnahmen von Galaxien, Sternen und Phänomenen gemacht, die unser Bild vom Universum geprägt haben.
Auch auf der Erde stehen wir vor Herausforderungen durch veraltete Technologien. So modernisierte die US Air Force erst vor zwei Jahren ein 40 Jahre altes Computersystem, das für die Koordination ihrer Atomstreitkräfte zuständig war.
Das betroffene System, das Strategic Automated Command and Control System (SACCS), war verantwortlich für die Übermittlung von Alarmmeldungen an Raketenbunker und lief auf einem IBM-Series/1-Computer. Interessanterweise nutzte dieses System immer noch Acht-Zoll-Floppy-Discs, eine Technologie, die erstmals 1976 eingeführt wurde. Ein Offizier der Air Force erklärte gegenüber dem Militärportal „C4ISRnet“, dass gerade die veraltete Technologie ohne Internetverbindung eine zusätzliche Sicherheitsebene darstelle, da sie nicht von außen digital angreifbar sei: „Was keine IP-Adresse hat, kann auch nicht gehackt werden.“
Das weitere Schicksal und das Ende des „Hubble“ Weltraumteleskops
Die Zukunft des Hubble-Weltraumteleskops bleibt ungewiss, da es im Gegensatz zu seinem Nachfolger, dem James Webb Space Telescope, über kein eigenes Triebwerk verfügt.
Aufgrund seiner Umlaufbahn in 530 Kilometern Höhe erfährt Hubble noch leichte atmosphärische Reibung, die es allmählich in niedrigere Bahnen zwingt, was den Abstieg beschleunigt. Ohne Eingriff könnte das Teleskop etwa bis 2040 in der Erdatmosphäre verglühen.
Die NASA erwägt Optionen, um dieses Szenario zu vermeiden, und hat dazu Raumfahrtunternehmen aufgefordert, Lösungen vorzuschlagen. Eine mögliche Maßnahme könnte der Einsatz einer SpaceX Crew-Dragon-Kapsel sein, die Hubble auf eine stabilere Umlaufbahn heben würde.
Obwohl ein solches Unterfangen nostalgischen Wert hätte, könnte es angesichts des technologischen Fortschritts effizienter sein, einen modernisierten „Hubble II“ zu entwickeln.
Hubble hat bemerkenswerte Beobachtungen geliefert, darunter die Live-Verfolgung eines Asteroideneinschlags auf Jupiter und die Entdeckung von Monden um den Zwergplaneten Pluto. Außerdem ermöglichte das Teleskop Einblicke in die Entstehungsgebiete von Sternen und die Bahn des interstellaren Asteroiden ‘Oumuamua.
Während Hubble zahlreiche Exoplaneten entdeckt hat, ist das James Webb Space Telescope für die Untersuchung ihrer Atmosphären durch seine Fähigkeit, im Infrarotbereich zu messen, weitaus besser geeignet.
Die 5 Weltraumteleskope der NASA im Rahmen ihres Great Observatory Programms
Im Rahmen ihres Great Observatory Programms wurden von der NASA 4 Weltraumteleskope geplant:
- das James-Webb-Weltraumteleskop als Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops
- das Compton Gamma Ray Observatory
- das Chandra X-Ray Observatory
- das Spitzer-Weltraumteleskop und
- der Imaging X-Ray Polarimetry Explorer (IXPE).
Das James-Webb-Weltraumteleskop als Nachfolger des Hubble-Weltraumteleskops (25.12.2021)
Über drei Jahrzehnte hinweg haben Astronomen und die Öffentlichkeit die beeindruckenden Bilder genossen, die das Hubble-Weltraumteleskop von Galaxien, Planeten und Monden zur Erde gesendet hat. Am Weihnachtstag 2021 erfolgte der Start des James Webb Space Telescope (JWST) als Hubbles Nachfolger. Eine Ariane-5-Rakete brachte das Teleskop vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou, Französisch-Guayana, ins All.
Das James-Webb- Weltraumteleskop
durchmustert das Universum im Bereich des Infrarotlichts
Copyright: ESA / D. Ducros
Copyright: AFP
Das James Webb-Weltraumteleskop trägt den Namen von James Edwin Webb, dem ehemaligen NASA-Administrator (*07.10.1906; †27.03.1992). In seiner Amtszeit von Februar 1961 bis Oktober 1968 wurden die Weichen für die Mondlandung gestellt, ein Meilenstein der Raumfahrtgeschichte.
Es soll das Universum in bisher unerreichter Weise erkunden. Das JWST, das rund 30 Jahre Entwicklungszeit beanspruchte und etwa 10 Milliarden US-Dollar kostete, wird seine Reise 1,5 Millionen Kilometer ins All antreten und diese Distanz innerhalb von etwa vier Wochen zurücklegen.
Dieses ambitionierte Projekt ist eine Kooperation zwischen der NASA, der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und der Kanadischen Weltraumagentur (CSA). Es zielt darauf ab, einige der ältesten Galaxien des Universums zu untersuchen und könnte neue Erkenntnisse über die Anfänge des Kosmos liefern.
Mit dem Teleskop wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mehr über das frühe Universum lernen.
Forscher erwarten von den neuen Teleskop-Aufnahmen aufschlussreiche Einblicke in die Zeit kurz nach dem Urknall, der vor etwa 13,8 Milliarden Jahren das Universum ins Leben rief. Diese Bilder sollen den Wissenschaftlern ermöglichen, in die Frühzeit des Kosmos zurückzublicken, entfernte Planeten zu studieren und noch detailreichere Aufnahmen als das Hubble-Weltraumteleskop zu liefern.
Unmittelbar nach dem Urknall bestand das Universum hauptsächlich aus Wasserstoff und einem geringen Anteil Helium. Elemente wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff, aus denen das Leben auf der Erde hauptsächlich aufgebaut ist, entstanden vor etwa 13 Milliarden Jahren in den Sternen der ersten Galaxien. Diese wurden durch Supernova-Explosionen in den Weltraum geschleudert, woraus schließlich vor etwa 4,5 Milliarden Jahren unser Sonnensystem und die Erde entstanden.
Das Teleskop, das den Kosmos bereits wenige hundert Millionen Jahre nach dem Urknall untersucht, soll Aufschluss über die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien geben. Astronomen erhoffen sich dadurch Erkenntnisse über Sterne, die älter als unser Sonnensystem sind und möglicherweise nicht mehr existieren, sowie Hinweise auf potenziell bewohnbare Planeten, die Fragen nach außerirdischem Leben beantworten könnten.
Vor allem soll das James Webb Teleskop helfen, die Fragen zu beantworten:
- Gibt es Leben auf anderen Welten?
- Was geht im Kern eines Schwarzen Loches vor sich?
- Existieren Wurmlöcher, als Verbindung zu anderen Stellen im Universum?
- Haben sich zuerst Sterne gebildet oder zuerst die Galaxien?
- Und wie? Und wann? Und warum?
Im Gegensatz zu „Hubble“ umkreiste das „JWST“ nach seinem Start nicht die Erde, sondern wurde an einem 1,5 Mio. Kilometer entfernten Ort an der sonnenabgewandten Seite am Lagrange-Punkt L2 des Erde-Sonne-Systems stationiert. Dort ist das Teleskop nicht nur vor irdischen Störungen geschützt, sondern kann nahezu antriebslos gemeinsam mit der Erde um die Sonne kreisen.
Während Hubble im sichtbaren, nahen ultravioletten und nahen infraroten Spektrum gearbeitet hat, ist JWST auf Infrarotastronomie spezialisiert, sodass es etwa fünfmal mehr Licht als „Hubble“ sammeln kann.
Dieser Strahlungsbereich bietet den Astronomen beispielsweise Einblicke in die Entstehung von Planeten.
Mit Hilfe der Informationen aus dem 360-Grad-Panorama unserer Galaxie wird es zu den Stellen gelenkt, die im Hinblick auf die Entstehung von neuen Sternen besonders spannend sind. Dort soll das Weltraumteleskop noch detailliertere Infrarot-Aufnahmen machen.
Ober- und Unterseite des James-Webb-Weltraumteleskops
Quelle: Wikipedia
Mit erdgebundenen Fernrohren lassen sich preiswert Langzeitbeobachtungen von kosmischen Objekten durchführen. Da die Erde aber unter der „Lichtverschmutzung“ leidet, können die Wissenschaftler nicht sehr weit schauen. Nur, wenn alle Lichter für ein paar Minuten ausgeknipst würden, könnten sie lichtschwächere Objekte vor die Linse bekommen, die weiter weg sind im Universum.
Hier kommt das James Webb Weltraumteleskop ins Spiel. Teleskope im Weltraum sind zwar teuer, aber auch sehr effizient. Sie müssen nämlich nicht durch die Atmosphäre schauen. Die Luftschichten filtern einen Teil des einfallenden Lichts aus, etwa das ultraviolette und einen Großteil des infraroten. Das James Webb Weltraumteleskop wird all diese Frequenzen sehen können.
Außerhalb der irdischen Luftverschmutzung wird es seinen Beobachtungsposten im All weit weg von der Erde beziehen, weiter noch als der Mond von der Erde entfernt ist. Umgeben von der Schwärze des Kosmos‘ kann es dort die Neugier der Astronomen befriedigen. Mit irdischen Teleskopen lassen sich keine Planeten außerhalb des Sonnensystems aufspüren. Diese Exoplaneten sind zu klein, sie sind zu weit weg, und sie sind zu lichtschwach. Aber gerade sie sind spannend.
„James Webb“ wird einen viel schärferen Blick als „Hubble“ haben und kann weiter in der Zeit zurückschauen als es „Hubble“ jemals gelungen ist. Die Astronomen werden bislang unbekannte Galaxien sehen, die gerade erst entstehen und die dabei sind, die Struktur des Universums zu bilden.
Mit dem James Webb Teleskop möchten die Forscher herausfinden, wie das Weltall in seiner Frühzeit ausgesehen hat. Damit ist aber nicht nur der sichtbare Lichtbereich gemeint. Die wirklich interessanten Dinge spielen sich im All oft in einem Frequenzbereich ab, den Menschen nicht wahrnehmen können.
Zum Beispiel bei den Wellenlängen von ultraviolettem und infrarotem Licht. „Hubble“ kann, wie das menschliche Auge, dieses Licht nicht wahrnehmen. Doch „James Webb“ wird Infrarotlicht sehen können. Dieses Licht durchdringt Gas und Staub viel besser als sichtbares Licht. Das neue Teleskop wird also in kosmische Gas- und Staubwolken hineinblicken können. Es wird, davon sind die Forscher überzeugt, in ihr Inneres schauen und dort beobachten können, wie die Materie dort kollabiert und sich zu neuen Sternen verdichtet.
Bereits drei Tage nach dem Start begann das Webb-Team mit der entscheidenden Aufgabe, den Sonnenschutzschild des JWST – in der Größe eines Tennisplatzes – ferngesteuert zu entfalten. Diese komplizierte Prozedur, eine der aufwendigsten in der gesamten Missionsvorbereitung, konnte erfolgreich abgeschlossen werden.
Dieser Schritt wurde als „unglaublicher Meilenstein“ und „technisches Wunderwerk“ gefeiert, da der Schild das Teleskop vor der Strahlung und Wärme von Sonne, Erde und Mond schützt, was Beobachtungen bei Temperaturen um minus 229 Grad Celsius ermöglicht.
Der Entfaltungsprozess, der insgesamt etwa acht Tage dauerte, erforderte das präzise Zusammenspiel von tausenden Komponenten. Der Schutzschild besteht aus fünf Folienlagen, jede etwa so dünn wie ein menschliches Haar und mit reflektierendem Metall beschichtet, was einen Schutzfaktor von etwa einer Million bietet.
Am 24. Januar 2022 erreichte das JWST seine vorgesehene Position. Das Triebwerk wurde für knapp fünf Minuten aktiviert, um das Teleskop präzise am Lagrange-Punkt L2 zu positionieren, der etwa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt liegt. In dieser Gravitationsmulde, die durch die kombinierten Schwerkraftfelder von Sonne und Erde entsteht, können Satelliten relativ stabil gehalten werden.
Dieser Punkt ermöglicht es dem JWST, in einem konstanten Verhältnis zu Sonne und Erde zu bleiben, ohne die Position relativ zu diesen zu ändern. Wissenschaftler wählten diesen speziellen Ort aufgrund seiner Stabilität für die langfristige astronomische Forschung, wie bereits zuvor beim Weltraumobservatorium Planck praktiziert.
Die Lagrange-Punkte, benannt nach dem Mathematiker Joseph-Louis Lagrange, sind spezielle Positionen im Raum, an denen die Gravitationskräfte zweier Himmelskörper, wie Sonne und Erde, sich ausgleichen. Hier kann eine Raumsonde relativ stabil positioniert werden. In jedem System von zwei Himmelskörpern gibt es fünf solcher Punkte, von L1 bis L5, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften aufweisen.
Trotz des Begriffs „Punkt“ befinden sich Sonden wie Herschel und Planck am L2-Punkt nicht in einem festen Punkt, sondern bewegen sich auf komplexen Bahnen um diesen theoretischen Ort herum. L2 liegt etwa 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt und bietet eine einzigartige Position für die Weltraumastronomie. Von hier aus erscheinen Sonne und Erde stets übereinander, was eine konstante Abschirmung gegen direkte Sonneneinstrahlung ermöglicht.
Ähnlich wie der Mond, der uns immer dieselbe Seite zuwendet, zeigen die Teleskope am L2-Punkt stets dieselbe Seite zur Erde. Dies ermöglicht eine kontinuierliche Beobachtung des gesamten Himmels im Verlauf eines Jahres, ohne dass Erde, Mond und Sonne die empfindlichen Instrumente stören, da diese sich stets im „kühlen“ Schatten befinden.
Ein einziger Schutzschild reicht aus, um die thermische Strahlung von Sonne und Erde-Mond-System abzufangen. Die hoch gerichteten Antennen der Satelliten ermöglichen die Übertragung großer Datenmengen mit einer Streuung von nur 15 Grad. Dies erfordert, dass die Erde vom Satelliten aus gesehen nicht mehr als 15 Grad von der Sonne abweichen darf, um eine kontinuierliche Datenübertragung sicherzustellen.
Sonnenschirm und Teleskopspiegel waren entfaltet und die Position am Lagrange-Punkt L2 war erreicht. Nun hieß es „cool“ werden, denn wenn die Betriebstemperatur erreicht war, konnte die Forschung beginnen.
Obwohl das JWST in der Nähe des Lagrange-Punktes L2 positioniert ist, verbleibt es nicht starr an einem festen Ort. Es beschreibt vielmehr eine Umlaufbahn um L2, mit einem Durchmesser von etwa 800.000 Kilometern und vollführt dabei zwei Umläufe pro Jahr.
Parallel dazu bewegt sich der Lagrange-Punkt L2 zusammen mit der Erde einmal jährlich um die Sonne. Um präzise auf dieser Bahn zu bleiben, zündet das JWST alle 22 Tage sein Triebwerk, um kleinere Bahnkorrekturen vorzunehmen. Dies ist notwendig, da insbesondere die Strahlung der Sonne das Teleskop allmählich aus seiner optimalen Bahn drängen könnte.
Die Mission des JWST, ursprünglich auf eine Dauer von 10 Jahren ausgelegt, begann mit einem Start per Ariane-5-Rakete am Weihnachtstag 2021. Dank eines besonders effizienten Starts konnte mehr Treibstoff eingespart werden als zunächst angenommen, wodurch sich die potenzielle Missionsdauer auf mindestens 20 Jahre verlängert. Sollte jedoch der Treibstoffvorrat erschöpft sein, wird es unmöglich, das JWST weiterhin zu betreiben.
Das JWST ist speziell für Infrarotbeobachtungen konzipiert. Um die schwachen Signale aus den entferntesten Ecken des Universums zu detektieren, müssen die Sensoren des Teleskops extrem niedrigen Temperaturen ausgesetzt sein. Dafür ist das JWST mit einem Sonnenschirm von der Größe eines Tennisplatzes ausgestattet, der die Strahlung der Sonne effektiv blockiert, sodass das Teleskop immer im kühlen Schatten operiert.
Das Teleskop ist so positioniert, dass es stets mit der Sonne und der Erde im Rücken ins Weltall blickt. Dadurch ist es nicht möglich, die inneren Planeten unseres Sonnensystems wie Merkur, Venus und die Erde zu untersuchen; Mars ist der innerste Planet, den JWST erforschen kann. Durch die spezielle Anordnung der Teleskopspiegel kann das JWST zu jedem Zeitpunkt etwa 35 Prozent des gesamten Himmels überblicken. Diese Flexibilität ermöglicht es, die Beobachtungsrichtung auch kurzfristig zu ändern, beispielsweise um eine plötzlich auftretende Supernova zu untersuchen.
Das JWST hat im April 2022 den wissenschaftlichen Betrieb aufgenommen. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten sich alle Komponenten des Teleskops passiv auf die benötigte Arbeitstemperatur von etwa 60 Kelvin (circa minus 210 Grad Celsius) abgekühlt.
Diese Kälte wird durch den Schatten des Sonnenschirms erreicht, welcher nahezu die Temperaturen des absoluten Nullpunkts erreicht. Sobald die passive Kühlphase abgeschlossen war, wurde eine aktive Kryotechnik eingesetzt, die einzelne Komponenten auf Temperaturen bis zu 7 Kelvin (minus 266 Grad Celsius) herunterkühlen kann.
Die Feinjustierung der Instrumente und die präzise Ausrichtung der Spiegelsegmente, die auf ein Zehntausendstel des Durchmessers eines menschlichen Haars genau erfolgen kann, waren entscheidend, um wissenschaftlich verwertbare Daten zu sammeln.
Schon im Februar 2022 lieferte das James-Webb-Weltraumteleskop seine ersten Bilder an die Erde, darunter Aufnahmen eines Sterns und ein „Teleskop-Selfie“. Diese ersten, noch leicht unscharfen Bilder dienten dem Nachweis, dass die Kamera und die 18 sechseckigen Spiegelsegmente des Teleskops funktionsfähig sind.
Für viele Forscher war der Anblick dieser Bilder im Frühjahr 2022 überwältigend. Während einer Testaufnahme hatte das Teleskop seine 18 Spiegel zusammengeschaltet, um deren Leistungsfähigkeit 1,6 Millionen Kilometer entfernt von der Erde zu überprüfen. Aufgrund der speziellen Form der Spiegel und der eingesetzten Filter erschien der abgebildete Stern in einem ungewöhnlich stacheligen und roten Licht. Die Überlagerung der 18 Einzelaufnahmen ergab ein eindrucksvolles Bild, das den Stern „2MASS J17554042+6551277“ zeigt, der 2000 Lichtjahre entfernt ist – ein Lichtjahr entspricht etwa 9,4 Billionen Kilometern. Das Licht dieses Sterns ist rund 100-mal schwächer als das, was das menschliche Auge wahrnehmen kann.
Besonders beeindruckt waren die Wissenschaftler vom Hintergrund des Bildes, der mehrere Milliarden Jahre alte Galaxien zeigt. Sie erhoffen sich durch das James-Webb-Teleskop tiefere Einblicke in die Frühgeschichte des Universums, bis zurück zu wenigen hundert Millionen Jahren nach dem Urknall vor etwa 13,8 Milliarden Jahren.
Am 11. Juli 2022 markierte ein bedeutendes Ereignis die wissenschaftliche Gemeinschaft, als NASA-Chef Bill Nelson erstmals Bilder des frühen Universums enthüllte. „Heute ist ein historischer Tag“, erklärte US-Präsident Joe Biden, während ihm Bill Nelson das „tiefste und schärfste Infrarot-Bild des frühen Universums“ präsentierte. Dieses Bild öffnete ein neues Fenster zu den Anfängen des Kosmos und stellte einen Meilenstein in der Astronomie dar.
Die Aufnahmen des James Webb-Weltraumteleskops erinnern die Welt daran, „wie fähig Amerika ist, herausragende Leistungen zu vollbringen”, so äußerte sich Präsident Biden. Er gestand zudem, dass die Vorstellung, das Teleskop könne 1,5 Millionen Kilometer ins All reisen, „überwältigend“ sei.
Die Bilder zeigen Galaxien, deren Licht vor mehr als 13 Milliarden Jahren, kurz nach dem Urknall, ausgesandt wurde. Noch nie zuvor konnten Wissenschaftler so tief in Raum und Zeit blicken und damit einen Eindruck von den Anfangstagen des Universums gewinnen.
Dieser Durchbruch durch das „James Webb“ ist wahrhaftig ein wissenschaftlicher Meilenstein und markiert den Beginn einer Ära, die reich an Daten sein wird, aus denen Forscher entscheidende Einblicke in die Evolution des Universums und die Ursprünge des Lebens erwarten.
Das James Webb könnte metaphorisch als eine Art „Philosophie-Maschine“ betrachtet werden, die Antworten auf grundlegende Fragen wie „Woher kommen wir?“, „Wohin gehen wir?“, „Unter welchen Bedingungen kann Leben entstehen?“ und „Wie produziert das Universum die Moleküle, die Leben ermöglichen?“, beisteuern kann.
Es wird auch in den Atmosphären von Exoplaneten nach Anzeichen für Leben suchen und verdeutlicht, wozu die tiefe menschliche Neugier führen kann. Der Blick in die Weiten des Universums und zurück auf unseren kleinen blauen Planeten mag auch unser Bewusstsein dafür schärfen, wie unbedeutend viele menschliche Handlungen auf der Erde im größeren kosmischen Kontext erscheinen.
Jedes Bild, so der NASA-Chef, ist „eine neue Entdeckung“ und wird der Menschheit einen bisher ungekannten Blick auf das Universum ermöglichen. Die präsentierten Galaxien entstanden mehr als 13 Milliarden Jahre nach dem Urknall, was ihre wissenschaftliche Bedeutung unterstreicht.
Die Gesamtheit dieser Bilder wurde in einer einstündigen Live-Übertragung der Öffentlichkeit vorgestellt:
Der Galaxienhaufen SMACS 0723
Das erste Bild „Webb’s First Deep Field“ zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723. Diese bemerkenswerte Ansammlung von Galaxien, sichtbar von der Südhalbkugel, liegt etwa 4,6 Milliarden Lichtjahre von unserem Planeten entfernt und bietet Einblick in die Struktur des frühen Universums.
Die NASA verglich den Himmelsausschnitt mit der Größe eines Sandkorns, das jemand auf der Erde in der Hand hält. Dieses Bild enthüllt Tausende von Galaxien, stellt aber nur einen winzigen Bruchteil des Universums dar. NASA-Chef Bill Nelson erklärte bei der Präsentation an Präsident Biden: „Das Licht, das du auf einem dieser kleinen Flecken siehst, ist seit 13 Milliarden Jahren unterwegs.“
Das erste Foto der neuen Aufnahmen wurde „Webb‘s First Deep Field“ getauft und zeigt den Galaxienhaufen SMACS 0723. Die Entfernung zur Erde beträgt etwa 4,6 Mrd. Lichtjahre. SMACS 0723 ist ein Himmelsausschnitt, der von der Südhalbkugel der Erde aus sichtbar ist.
Der Carinanebel
Der Carinanebel, ein leuchtender Emissionsnebel im Sternbild Carina, zählt zu den auffälligsten Nebeln der südlichen Hemisphäre. Er liegt ungefähr 7.600 Lichtjahre von der Erde entfernt und beherbergt zahlreiche massereiche Sterne, die unsere Sonne an Größe deutlich übertreffen. Dies macht ihn zu einem Schlüsselobjekt für die Erforschung stellaren Wachstums und Evolution.
Innerhalb des Nebels befinden sich beeindruckende Sternentstehungsgebiete sowie der berühmte Stern Eta Carinae, der in der Vergangenheit mehrere gewaltige Ausbrüche erlebt hat.
Der Südliche Ringnebel
Der Südliche Ringnebel, auch bekannt als „Eight-Burst-Nebula“ oder NGC 3132, ist ein Planetarischer Nebel, der hauptsächlich aus einer Gaswolke besteht, die einen sterbenden Stern umgibt. Dieser Nebel befindet sich etwa 2000 Lichtjahre von der Sonne entfernt und hat einen Durchmesser von fast einem halben Lichtjahr. Er expandiert mit einer Geschwindigkeit von etwa 15 Kilometern pro Sekunde.
Das Stephans Quintett
Im Sternbild Pegasus, etwa 290 Millionen Lichtjahre entfernt, befindet sich Stephans Quintett. Diese bemerkenswerte Galaxiengruppe, entdeckt am 22. September 1877 vom französischen Astronomen Édouard Jean-Marie Stephan, war die erste als solche identifizierte Galaxienkette.
Sie umfasst die Galaxien NGC 7317, NGC 7318A, NGC 7318B, NGC 7319 und NGC 7320C, wobei NGC 7317 bis NGC 7319 ein besonders dichtes, interaktives Cluster bilden, das dynamische astrophysikalische Prozesse illustriert.
Vier der fünf Galaxien beeinflussen sich durch ihre gegenseitige Gravitationswirkung, was zu unregelmäßigen Verformungen ihrer Spiralstrukturen führt. Diese komplexe Dynamik erzeugt interessante Phänomene, wie die Entstehung von Sternen und die Bildung von Gasbrücken zwischen den Galaxien.
Das bekannte Bild von Stephans Quintett besteht aus über 150 Millionen Pixeln und fast 1.000 einzelnen Bilddateien, die von modernen Teleskopen aufgenommen wurden. Es liefert wertvolle Einblicke in die Prozesse, die bei der Wechselwirkung von Galaxien ablaufen, und hilft Astronomen, die Entwicklung und Dynamik solcher Systeme besser zu verstehen.
Der Exoplanet WASP-96b
WASP-96b ist ein riesiger Exoplanet, der hauptsächlich aus Gas besteht. Er befindet sich etwa 1.150 Lichtjahre von der Erde entfernt und umkreist seinen Stern alle drei bis vier Tage. Mit einer Masse, die halb so groß wie die des Jupiters ist, wurde der Planet im Jahr 2014 entdeckt.
Die Idee für das James-Webb-Weltraumteleskop, den Nachfolger des Hubble-Teleskops, entstand bereits in den 1990er Jahren. Der Bau begann 2004. Das von der NASA, der kanadischen Weltraumbehörde CSA und der europäischen Raumfahrtbehörde ESA entwickelte Teleskop wurde Ende 2021 von Französisch-Guayana aus gestartet und beobachtet seit dem Sommer 2022 aus einer Entfernung von 1,6 Millionen Kilometern die Tiefen des Alls.
Forscher erhoffen sich, mit dem hochmodernen, zehn Milliarden Dollar teuren Teleskop bis zur Ära der ersten Sterne und Galaxien vor 13,7 Milliarden Jahren zurückzublicken und so tiefere Einblicke in die Anfänge des Universums zu erlangen. Über zehntausend Experten aus den USA, Kanada und Europa haben an diesem Projekt mitgearbeitet.
Das Budget des Projekts beläuft sich auf zehn Milliarden Dollar (etwa 9,9 Milliarden Euro). Beteiligt sind auch das Max-Planck-Institut für Astronomie, die Universität Köln und zahlreiche deutsche Firmen. Die geplante Missionsdauer beträgt 20 Jahre.
Das Compton Gamma Ray Observatory
Das zu Ehren des Physikers und Nobelpreisträgers Arthur Holly Compton „Compton Gamma Ray Observatory“ (CGRO) genannte Weltraumteleskop für Gammaastronomie war das zweite der 4 weltraumgestützten Teleskopen der NASA im Rahmen des „Great Observatory Programms“ geplant.
Die Instrumente von CGRO deckten mit 20 keV bis 30 GeV einen weiten Bereich des elektromagnetischen Spektrums ab und suchten im Energiebereich 20 bis 600 keV nach Gammablitzen. Mit acht Detektoren an jeder Ecke des Satelliten konnte es den gesamten nicht von der Erde verdeckten Teil des Himmels beobachten.
Gammablitze (GRB) sind intensive Energieausbrüche im Universum, gekennzeichnet durch gewaltige Mengen elektromagnetischer Strahlung. Ursprünglich wurden sie durch die Vela-Satelliten entdeckt, die eigentlich zum Aufspüren von Gammastrahlen aus Kernwaffenexplosionen konzipiert waren.
Dies erklärt den Begriff “Gammablitz”. Es handelt sich bei dieser Strahlung jedoch nicht um Gammastrahlung im klassischen, kernphysikalischen Sinn. Die genauen Ursachen für Gammablitze sind noch Gegenstand der Forschung. Der erste Nachweis eines solchen Ereignisses gelang am 2. Juli 1967 mittels dieser Satelliten, die primär zur Überwachung von oberirdischen Nukleartests eingesetzt wurden.
Das „Chandra X-Ray Observatory“ und das „Imaging X-Ray Polarimetry Explorer“ (IXPE) zur Beobachtung von Sternenexplosionen oder Schwarzen Löchern
Das Chandra X-ray Observatory ist ein Satellit mit einem Röntgenteleskop, das am 23. Juli 1999 von der NASA mit dem Space Shuttle Columbia in die Erdumlaufbahn gebracht wurde (Mission STS-93). Es ist nach dem Astronomen Subrahmanyan Chandrasekhar benannt.
Der Satellit registriert Röntgenstrahlung aus extrem heißen Regionen im Universum, wie beispielsweise von Supernovae oder aus der Nähe von Schwarzen Löchern.
Dank seiner Manövriertriebwerke wurde Chandra auf eine stark exzentrische Ellipsenbahn gebracht, die größtenteils über dem Strahlungsgürtel der Erde verläuft. Dadurch werden die Messungen nicht durch die Bremsstrahlung von Teilchen des Sonnenwindes und der kosmischen Strahlung beeinträchtigt.
Das Chandra-Weltraumteleskop, benannt nach dem indisch-amerikanischen Astrophysiker Subrahmanyan Chandrasekhar, ist das dritte von insgesamt fünf Observatorien, die im Rahmen des Great Observatory Program der NASA entwickelt wurden. Neben Hubble und Compton gehört auch das Spitzer-Weltraumteleskop dazu, das im Infrarotbereich operiert.
Chandra zeichnet sich durch seine Fähigkeit aus, Bilder mit einer Auflösung von 0,5 Bogensekunden zu erstellen, was eine signifikante Verbesserung gegenüber früheren Missionen darstellt. Zum Beispiel erreichte der deutsche Röntgensatellit ROSAT eine Auflösung von etwa 4 Bogensekunden.
„Chandra“ übermittelte nach seinem Start im Jahr 1999 erste Röntgenbilder von Cassiopeia A, dem Überrest einer Supernova-Explosion aus dem 17. Jahrhundert. Die Schockwelle dieser Explosion erhitzte die umgebende Gaswolke so stark, dass sie Röntgenstrahlen emittiert. Cassiopeia A, etwa 11.000 Lichtjahre entfernt, hat einen Durchmesser von etwa 10 Lichtjahren.
Im Jahr 2006 entdeckte Chandra SN 2006gy, die bis dahin energiereichste bekannte Supernova-Explosion. Diese Entdeckung lieferte wichtige Einblicke in die Mechanismen extrem energiereicher stellaren Ereignisse und erweiterte unser Verständnis der Supernova-Dynamik erheblich.
Das Weltraumteleskop „Spitzer“ zur Betrachtung unserer Milchstraße
Als weiterer Teil des Great Observatory Program der NASA betrachtet das Weltraumteleskop „Spitzer“ insbesondere unsere Milchstraße.
Der Imaging X-Ray Polarimetry Explorer (IXPE)
Im Dezember 2021 schickte die NASA ein weiteres Röntgenteleskop in eine Erdumlaufbahn. Der „Imaging X-Ray Polarimetry Explorer“ (IXPE) umkreist die Erde über dem Äquator in 600 Kilometer Höhe und hat erste Bilder gemacht – von der schon von „Chandra“ untersuchten Cassiopeia A.
IXPE kann erstmals die Polarisation von Röntgenlicht messen – also die Ausrichtung der Schwingungsebenen. Aus den Messungen von „Chandra“ konnten sie bereits ableiten, dass sich im Zentrum von Cassiopeia A ein kompaktes Objekt befinden muss – ein Neutronenstern oder ein Schwarzes Loch.
Fazit
Unsere Reise durch die frühe kosmische Geschichte zeigt eindrucksvoll, wie weit die menschliche Neugier und wissenschaftliche Forschung uns in die Mysterien des Universums geführt haben. Von den ersten Momenten nach dem Urknall bis hin zur Entstehung der ersten Sterne und Galaxien, haben wir tief in die Vergangenheit geblickt und dabei erstaunliche Entdeckungen gemacht.
Mit der fortschreitenden Technologie, exemplarisch dargestellt durch das James-Webb-Weltraumteleskop, stehen wir nun an der Schwelle zu noch tieferen Einblicken in das Universum. Jedes neue Teleskop, jede zusätzliche Beobachtung bringt uns nicht nur näher an das Verständnis der unendlichen Weiten des Kosmos, sondern erinnert uns auch an unsere eigene winzige, aber einzigartige Stellung im Universum.
Die Erforschung des Alls ist letztendlich eine Reise zu uns selbst – ein Spiegel, der uns zeigt, woher wir kommen und welche Möglichkeiten noch vor uns liegen.