GMT und UTC: Weltzeit und Cäsium-Atomuhren

Die Messung der Zeit ist eine der grundlegenden menschlichen Erfassungen, die die moderne Gesellschaft bis ins Mark prägt. Von den bescheidenen Anfängen der Greenwich Mean Time (GMT) bis zu den faszinierenden Entwicklungen bei optischen Uhren, hat sich die Zeitmessung stetig weiterentwickelt.

In diesem Artikel werden wir einen Blick auf diese Evolution werfen und die neuesten Entwicklungen in der globalen Zeitmessung erkunden.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zeitmessung hat sich von Greenwich Mean Time (GMT) zu hochpräzisen Atomuhren und optischen Uhren weiterentwickelt.
  • Atomuhren, die seit 1972 die Koordinierte Weltzeit (UTC) definieren, werden in der Raumfahrt, im Flugverkehr und im Internet alltäglich genutzt.
  • Optische Uhren, die Strontium-Atome verwenden, bieten eine bisher unerreichte Präzision für die Zeitmessung.
  • Internationale Zusammenarbeit, wie der Datenaustausch zwischen Deutschland und Frankreich, ermöglicht eine beispiellose Zeitgenauigkeit.
  • Die Abschaffung von Schaltsekunden ab 2035 soll die internationale Zeitstandardisierung erleichtern.
  • Die Erweiterung des Internationalen Einheitensystems (SI) mit neuen Zahlenpräfixen stellt sich den Anforderungen der datengesteuerten Welt.
  • Die Evolution der Zeitmessung verdeutlicht das Streben der Menschheit nach Präzision und Anpassung an die modernen Anforderungen.

Die Rolle der Atomuhren

Bereits im Jahr 1884 hat man sich auf der Washingtoner Meridiankonferenz darauf geeinigt, die Greenwich Mean Time (GMT) als allgemein gültige Weltzeit festzulegen. Anfangs wurde die GMT durch astronomische Messungen der Sternwarte von Greenwich festgelegt.

Seit 1972 wurde die Weltzeit von Atomuhren festgelegt und heißt Koordinierte Weltzeit (UTC). Im Flugverkehr, in der Raumfahrt, bei einigen Forschungsprojekten sowie im Internet wird diese Koordinierte Weltzeit ganz selbstverständlich genutzt, sonst würde dort heilloses Durcheinander herrschen.

Seit Jahren legen nun Cäsium-Atomuhren weltweit den Zeitstandard bzw. die Normalzeit fest. Zukünftig soll der optische Übergang von Strontium-Atomen in optischen Uhren genutzt werden, um die Zeit neu und noch einmal rund 100 mal präziser zu definieren.

Internationale Zusammenarbeit

Zur Erreichung des neuen weltweiten Zeitstandards werden die Zeitsignale von ultragenauen optischen Uhren zwischen Deutschland und Frankreich ausgetauscht, wobei ein 1.400-Kilometer langes Glasfaserkabel die präzisesten Uhren der Welt in Braunschweig und Paris miteinander verbindet.

Dies ermöglicht u.a. eine Synchronisation der Zeit mit einer bislang unerreichten Genauigkeit: Die relative Unsicherheit einer optischen Uhr beträgt nur 1 Milliardstel von 1 Milliardstel. Optische Uhren sind nach Stand der Technik die präziseste Möglichkeit für Zeitmessungen und für eine Neudefinition der Zeiteinheit Sekunde.

Herausforderungen im Übergang

Doch bevor man die Sekunde in optischen Uhren neu definieren kann, braucht man zunächst eine Möglichkeit, in einem Netzwerk Zeitsignale mit der erforderlichen Genauigkeit auszutauschen, während man die Signale der heutigen Cäsium-Atomuhren noch über Satelliten weltweit verbreiten kann.

Innovationen im Weltraum

Alternativ dazu befindet sich an Bord des neuen chinesischen Raumlabors „Tiangong 2“ die weltweit erste „kalte“ Atomuhr im All (Cacs). Nach Angaben von Wissenschaftlern variiert eine solche Präzisionsuhr alle 30 Mio. Jahre nur um 1 Sekunde, wodurch sich Schwankungen bei Experimenten im All besser entdecken lassen.

Die ungleichmäßige Rotation der Erde

Die Erde dreht sich zwar in 24 Stunden einmal um sich selbst, brauchte ganz genau betrachtet jedoch für jede Umdrehung ein winziges bisschen länger. Damit die Atomuhren, die weltweit die Zeit vorgeben, auch auf sehr lange Sicht parallel zum Tag-Nacht-Rhythmus der Erdrotation liefen, wurde diese kleine Ungenauigkeit bisweilen ausgeglichen.

Die Zukunft der Schaltsekunden

Langfristig verlangsamt sich die Erdrotation aufgrund der Anziehungskraft des Mondes immer mehr – im Jahr 2020 allerdings hatte sie sich entgegen diesem Trend beschleunigt. Dies könnte abhängig von Einflüssen wie Erdbeben und Klima weiterhin passieren – ob eine dann nötige Kürzung der Weltzeit um eine Sekunde aber technisch gut machbar wäre, ist unklar. Eine Minus-Schaltsekunde gab es bisher noch nie.

Eine neue Resolution

Auf das Einfügen von Schaltsekunden soll nach einem im Jahr 2022 gefassten Beschluss einer Internationalen Generalkonferenz für Maß und Gewicht (CGPM) im französischen Versailles künftig verzichtet werden. Zusätzliche oder abzuziehende Sekunden, um Uhren mit der astronomischen Zeit in Einklang zu bringen, sollen ab 2035 nicht mehr wie bisher berücksichtigt werden.

Die auf der Messung von Atomuhren basierende Koordinierte Weltzeit (UTC) und die durch die Erdrotation bestimmte astronomische Zeit (UT1, Universalzeit) dürfen damit künftig um mehr als eine Sekunde voneinander abweichen. Seit 1972 wurde bisher jedes Mal, wenn beide Zeitsysteme um mehr als 0,9 Sekunden voneinander abwichen, eine Schaltsekunde zur UTC hinzugefügt, zuletzt Ende 2016.

Die Debatte über Schaltsekunden

In manchen digitalen Systemen etwa für Finanzwelt und Satellitennavigation kann dies allerdings zu Problemen führen. Mehrere Technologieunternehmen fordern darum die Abschaffung von Schaltsekunden – andere hingegen befürworten die Beibehaltung, weil die Schaltsekunden fester Bestandteil ihrer Systeme sind.

Eine Vision für die Zukunft

Die CGPM schlägt vor, mindestens ein Jahrhundert lang keine Schaltsekunden zu berücksichtigen, sodass UTC und UT1 um etwa eine Minute aus dem Gleichlauf geraten. Darüber soll nun mit anderen Organisationen beraten werden und die Entscheidung für eine neue Obergrenze soll bis 2026 fallen.

Erweiterung des Internationalen Einheitensystems

Die CGPM, die auch für das Internationale Einheitensystem (SI) zuständig ist, beschloss bei der Generalkonferenz aufgrund der zunehmenden Datenmengen weltweit zudem vier neue Zahlenpräfixe: Ronna (10 hoch 27) und Quetta (10 hoch 30) sowie Ronto (10 hoch minus 27) und Quecto (10 hoch minus 30).

Fazit

Die Evolution der weltweiten Zeitmessung, von der GMT über Atomuhren bis hin zu optischen Uhren, ist ein Beleg für den unermüdlichen Streben der Menschheit nach Präzision.

Mit der Entscheidung, Schaltsekunden abzuschaffen, und der Einführung neuer numerischer Präfixe passt sich der internationale Standard für Zeit und Messung den Anforderungen einer zunehmend datengesteuerten Welt an.

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